Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

blieb fortan kritische” Voraussetzung der Macht- 
beteiligung. 
Zwei Umstände trieben die Einbindung der VU 
in den liechtensteinischen Verfassungsbogen vor- 
an: die zustimmende Haltung der Reichsführung 
zur Frage der liechtensteinischen Eigenstaatlich- 
keit und die Formierung einer anschlussorientier- 
ten politischen Kraft im Fürstentum, der Volks- 
deutschen Bewegung in Liechtenstein (VDBL). 
Die in den Märztagen grundgelegte Nichteinmi- 
schungspolitik der deutschen Entscheidungsspit 
zen’ stabilisierte den liechtensteinischen Parteien- 
kompromiss. Sie entsprach Hoops Bemühen um 
die Erhaltung des zweiseitigen Status quo, die 
deutscherseits geschonte liechtensteinische Staat- 
lichkeit in der schweizerischen Zollunion. Sie stütz: 
te andererseits den legalen, am administrativen 
Einflussgewinn orientierten Kurs der VU-Spitze. 
Mit dem organisierten Auftreten einer natio- 
nalsozialistischen Anschlussbewegung wurde eine 
Spaltung im deutschfreundlichen Lager der VU 
eingeleitet. Alois Vogt trug ihre Konsequenzen mit, 
als Amtsträger und als ehemaliger Heimatdienst- 
Exponent. Eine gemeinsame politische Linie der 
VU mit der VDBL sollte sich nicht ergeben.” Es gibt 
keinen Hinweis, dass Vogt den Bruch mit den 
«radikalen Gefolgsleuten der Vaterländischen Uni- 
on»’® nach innen, d. h. durch politische Konzessio- 
nen, überbrückt hätte, im Gegenteil. Als Amtsträ- 
ger vollzog Alois Vogt die behördlichen Einschrän- 
kungen der VDBL-Tätigkeiten mit. Nach aussen 
versuchte er schliesslich über Reichsstellen die 
VDBL als namhafte liechtensteinische Stimme aus- 
zuschalten.”? 
WAHRNEHMUNG ALOIS VOGTS 
IM DEUTSCHEN REICH: 
ERWARTUNGEN UND UNSICHERHETITEN 
Die Regierungspartner Hoop und Vogt wurden von 
deutschen Stellen, namentlich der VOMI und dem 
Auswärtigen Amt, unterschiedlich wahrgenom- 
men. Hoop galt als «katholisch-monarchisch-kon- 
servativ»,°° 1940 gar als «liberal». In solchen 
Kürzeln wurde Hoops ideologische Distanz zum 
deutschen Regime wie sein Interesse an der be- 
stehenden liechtensteinischen Staatlichkeit kom- 
muniziert. Demgegenüber figurierte Vogt als Ver- 
treter des deutschorientierten Lagers der VU. Alois 
Vogt wurde vor Kriegsbeginn von der VOMI als 
«Vertrauensmann»®“ geführt, eine Einschätzung, 
die 1940/41 vom deutschen SD, dem Geheimdienst 
der SS, und von der Deutschlandabteilung im Aus- 
wärtigen Amt geteilt wurde. 
Erste Einschränkungen einer stereotypen Ko- 
operationserwartung an Vogt tauchen erst im 
‚aufe des Krieges auf, als sich der Regierungschef- 
Stellvertreter allein und mit unterschiedlichen 
Dienststellen im Deutschen Reich besprach. 
Worauf konnten sich die Einschätzungen an 
fänglich stützen? 
Bei der kritischen Beurteilung Hoops wird in 
deutschen Quellen dessen Taktieren und Anpas- 
sungsdiplomatie angeführt.®* Für deutsche Vor- 
behalte lieferte Hoop auch inhaltliche Anhaltspunk- 
te, etwa in jenen Passagen seiner Eschner Rede 
1938, die auf kleinstaatliches Selbstbewusstsein 
zielten. Vogt entwickelte für die deutsche Wahr: 
nehmung 1938 kein mit Hoop vergleichbares indi- 
viduelles Profil; die Quellen zeichnen ein wider 
sprüchliches Bild des Partei- und Regierungsman- 
nes Alois Vogt. Die deutschvölkische Charakterisie- 
rung Vogts durch die VOMI gründete zunächst in 
dessen LHD-Engagement. Die dortige Annäherung 
an den Nationalsozialismus und die damals auf- 
gebauten VDA-Kontakte wirkten in der deutschen 
Wahrnehmung fort. Und diese wurde - trotz der 
aufgedeckten Spitzeltätigkeit des Vaterland-Redak- 
tors Carl von Vogelsang —- weiterhin bedient. 
Ein Gesprächspartner aus dem Reich erinnert 
im Juli 1938 sein Bekanntwerden mit Alois Vogt im 
Herbst 1937; zu Weihnachten habe er Vogt eine 
Aufsatzsammlung aus der 5SS-Zeitschrift «Das 
Schwarze Korps» zukommen lassen.® Ein SS- 
Bericht vom 21. März 1938 resümierte, dass die 
VU gegen die «Verjudung Liechtensteins» gegrün- 
det worden sei.*° Auch während und nach der 
Märzkrise 1938 blieb die rechte VU-Spitze an eige- 
nen Linien ins Deutsche Reiche interessiert. In den
	        

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