Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

«DER EINZIGE MANN, DER DIE SACHE AUF SICH 
NEHMEN KÖNNTE ...» / JÜRGEN SCHREMSER 
Schliesslich verhandelte der Vizeregierungschef 
auch hinsichtlich der Beschäftigung liechtensteini- 
scher Arbeiter in Deutschland. Die entsprechende 
Initiative war bereits 1936 von Hoop eingeleitet 
worden,’° nun wurde Vogt als Wirtschaftszustän 
diger damit betraut.‘ Alle drei Bereiche erforder- 
ten Rücksichten auf das zweiseitige Verhältnis 
Liechtensteins zur Schweiz und zum Reich, direkt 
Jeim HJ-Lager und in der Gesandtschaftsfrage, in- 
direkt bei der Arbeitsmarktpolitik, die sich auf- 
grund erschwerten Zugangs in die Schweiz auf 
Deutschland richtete. Dafür, dass Vogt in den an- 
gesprochenen Fragen einen deutschfreundlicheren 
Kurs als Hoop steuerte, finden sich keine Hinweise. 
In der zitierten Eschner Rede resümierte Hoop 
Ende 1938, dass die Zusammenarbeit mit den 
1euen Regierungsräten «eine korrekte, verständ- 
2isvolle, kollegiale und angenehme ist.»”“ 
Hoop ist der diplomatische Routinier und Taktie- 
cer, auf dessen Verhandlungsvorgaben der Neuling 
Vogt zunächst verwiesen war.’* Vogt habe während 
des Krieges gegenüber dem SD-Offizier Klaus Hue- 
gel geäussert, dass er Hoop nicht gewachsen sei, 
der sei «ein viel zu raffinierter Fuchs», er, Vogt, sei 
nur ein «Bauernbub».‘“ Das Drängen der VU, Alois 
Vogt ehestens in der Schweiz vorzustellen, signa- 
lisierte nicht nur Einflusssicherung, sondern auch 
den Nachholbedarf des Juniorpartners. 
ZWEITE WEICHENSTELLUNG 1938: 
SELBSTVERPFLICHTUNG DER VU - 
DISTANZIERUNG VON DER VOLKSDEUTSCHEN 
BEWEGUNG IN LIECHTENSTEIN 
(VDBL) 
Unbesehen der diplomatischen Vorgaben Hoops 
natte die VU durch Eintritt in die Landesbehörden 
Liechtensteins selbst eine Weichenstellung im Ver- 
hältnis zum Deutschen Reich eingeleitet. Die Be- 
kenntnisse der VU zur Wahrung von Souveränität, 
Dynastie und Zollvertragsgemeinschaft Liechten- 
steins verpflichteten insbesondere den Heimat- 
dienstflügel der Partei. Die entsprechende Zustim- 
mung hatte nicht nur symbolisches Gewicht, sie 
33) AA, PA Polit. Abt. 1] 1936-1939, 3. April 1938: VOMI-Bericht. 
34) LLA RF 179/360, rückseitiger Vermerk. 
55) Zu weiteren Kontaktleuten Hoops siehe Carl: Liechtenstein und 
das Dritte Reich. S. 437; Geiger: Krisenzeit 2, S. 117 f. oder 167 f. 
56) Geiger: Krisenzeit 2, S. 168. 
57) Ebenda, S. 338-340. 
58) Wiedergegeben in AA, PA Polit. Abt. IL 1936-1939, Rede Josef 
Hoop. 11. Dezember 1938. 
59) Ebenda, Rede Josef Hoop, 11. Dezember 1938, S. 3, 9. 
60) Siehe LLA LTP 10. Oktober 1940. 23. April 1941, 7. Dezember 
1944. 
61) Carl: Vom Handlungsspielraum eines Kleinstaates, In: GWU 8 
1989) S. 489; Geiger: Krisenzeit 2, 5. 171 f.; 391 f. 
62) Geiger: Krisenzeit 2, S. 240. 
63) AA, PA Polhusches II, 28. März 1938: VOMI an Rintelen (AA, 
Polit. Abt. Westeuropa). 
54) Siehe ADAP D V, 511., 18. März 1938: Weizsäcker an Köcher 
‘deutsche Gesandtschaft Bern) sowie AA, PA Polit. Abt. II 
1936-1939, 25. März 1938: Rintelen für Weizsäcker. 
65) Siehe Anm. 63. 
66) Falls dies nicht ausdrücklich in dem Abkommen über Licchten: 
steins laufende diplomatische Vertretung durch die Schweiz ausge- 
schlossen sei. Für Hoop. der um Abstimmung mit Bern bemüht war, 
dürfte gerade diese Präzisierung wichtig gewesen sein. 
67) LLA RF 179/332; Akten PK NSDAP Teil II Reg. Bd. 3, Dok. 
Nr. 022436-022444, 
68) AA, PA Polit. Schriftstücke 1923-1938. 12. Mai 1938: Voigt 
(Generalkonsulat Zürich) an AA. 
69) LLA 0. S. Sammelakt NS. Dok. Nr. 192037/38, 24. November 
1942 und Dok. Nr. 192048, 27. Juni 1944. Dass. in AA, PA Büro des 
Staatssekretärs. 
70) Geiger: Krisenzeit 1, 5. 244-249. 
71) PAAV/606, 15. April 1947: Schreiben Dr. Max Knözinger betr. 
21. Oktober 1938: Verhandlungen mit den Arbeitsämtern Lindau 
und Kempten. 
72) AA, PA Polit. Abt. II 1936-1939, Rede Josef Hoop, 11. Dezember 
1938, 5. 5. 
73) Laut liechtensteinischer Verfassung von 1921 vertritt der Lan- 
desfürst den Staat nach aussen «unbeschadet der erforderlichen 
Vlitwirkung seiner Regierung». Der laufende Behördenkontakt in 
3ern und Berlin wurde de facto von der Regierungsspitze unter- 
nalten, nach 1938 in Absprache und Abstimmung mit Fürst Franz 
Josef 11. 
74} Interview mit Klaus Huegel, 1. Mai 1997. Alois Vogt entstammte 
bäuerlichen Verhältnissen.
	        

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