Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

200 JAHRE GEMEINDEGRENZEN SCHAAN/VADUZ/ 
PLANKEN / ALOIS OSPELT 
ein fälliger Gemeindsteil nicht mehr vom Vater auf 
den Sohn, sondern auf den jeweils ältesten Anwär: 
ter übergehen.®* 
Ein inhaltlich fast gleiches Schreiben ging am 
selben Tag an die Gemeindevorgesetzten von Va- 
Jduz mit dem Schluss: «Man zweifelt nicht, die Vor- 
gesetzten werden als Männer, die die Billigkeit 
lieben, diese Beschwerden gar wohl einsehen, und 
selbst trachten, dass eine Ungleichheit abgestellet 
und künftighin gegründete Klagen vermieden blei- 
ben».°? 
Die erwähnten verschiedenen Klagen hatten 
das Verhältnis zwischen Schaan und Vaduz offen- 
sichtlich zusehends belastet. Am 27. Juni 1793 
führte die Gemeinde Vaduz erstmals Klage gegen 
Schaan.® Seit einiger Zeit bestünden Klaggründe 
gegen Schaan. Jetzt würden sie schriftlich vorge- 
bracht, um eine Regelung zu erreichen. Es handel- 
te sich um folgende Klagpunkte: Erstens brächte 
das Schaaner Sommerried nicht den möglichen 
Nutzen; ein Teil des Rieds sollte «gemeinschaftlich 
egingegraben werden, damit das Streue-Ried von 
dem Atzungs-Ried geschieden, und so jeder Thei)} 
für den Gemeindsmann in allweg nützlicher und 
brauchbarer werde». Zweitens sollte Schaan eini- 
gen Vaduzer Gemeindsleuten im Schaaner Bezirk 
nutzbare Waldungen anweisen. Drittens hätte 
Schaan vor einigen Jahren herrschaftliche Güter 
angekauft, davon aber bisher keine Steuer erlegt.““ 
Auch diese Güter müssten in die Steuer gelegt 
werden. Das Oberamt wolle, so schloss die Klag- 
schrift, «die Gemeinde Schaan und ihre Bürger 
dahin anzuhalten geruhen, dass diesen unsern 
Klägden nachbarlich abgeholfen, und unsere Wün- 
sche erfüllet werden mögen». Die Beschwerde 
wurde der Gemeinde Schaan zugestellt mit dem 
Auftrag, sich innert 14 Tagen «darüber standhaft 
vernehmen zu lassen». Ob und wie sich Schaan 
dazu geäussert hat, ist aus den Akten nicht zu 
entnehmen. 
Wahrscheinlich waren alle bisher erwähnten 
Vorstösse vorerst ergebnislos geblieben. Am 27. 
März 1795 jedenfalls gelangten vier «minder ver- 
mögliche Untertanen in der Gemeinde Vaduz», die 
alle schon frühere Beschwerden mit unterzeichnet 
hatten, an den Fürsten.® Sie nahmen sich «die 
Freiheit, sich vor dem Throne Ihrer Herzoglichen 
Durchlaucht in tiefster Ehrfurcht niederzuwerfen 
und um eine Gnade demüthigst zu flehen.» Vor 
etwa zwei Jahren, hiess es in der Bittschrift, hätte 
der Fürst dem Oberamt den Auftrag erteilt, «dass 
die Gemeinheiten zwischen Vaduz und Schaan 
voneinander abgesöndert und einem jeden, wel- 
cher keine Gemeindstheilung hat, ein Stück von der 
Allmeind zugetheilet werden solle.» Bisher sei 
«wegen besondern Umständen» der Auftrag nicht 
erfüllt worden. Deshalb bäten die Unterzeichneten 
um Vollzug des Auftrags. Es gäbe viele «arme 
Gemeindsmänner», die schon 20, 30 und mehr 
Jahre gleich wie die Bemittelten die «Gemeinds- 
beschwerden» getragen hätten. Es herrsche harte 
und drückende Teuerung, «dass sich der arme und 
minder vermögliche Unterthan nebst den Seinigen 
kaum mehr mit Ehren durchzubringen im Stande» 
sei. Es wäre viel unkultivierter Boden vorhanden. 
Wenn davon jedem Notdürftigen ein Stück zugeteilt 
würde, könnte dem armen Untertanen «bey gegen- 
wärtig üblen Kriegszeiten und in die Zukunft in den 
so vielfachen Beschwerden einige Linderung ver: 
59) LLA RA 29/3/1/4, Schriftsatz («Fürsteher der Gemeinden Vaduz 
und Tschaan» an Oberamt), o. D., eingegangen am 29. April 1790. 
60) LLA RA 29/3/1/5, Oberamtsbefehl an die Vorsteher der Gemein 
de Schaan, 21. Dezember 1791. 
61) LLA RA 29/3/1/6, Oberamtsprotokoll über die Antwort der 
Schaaner Vorsteher, Landammann Lorenz Tschetter und Alexander 
Frick, 31. Dezember 1791. 
62) LLA RA 29/3/7: Joseph Boss an Oberamt, 8. März 1793, Ober- 
amt an Vorsteher der Gemeinde Vaduz, 14. März 1793. 
63) L1L.A RA 29/3/8, Oberamt an Thomas Hilti und Konsorten in 
Vaduz. 5. Navember 1793, 
64) LLA RA 29/3/9, Oberamt an Gemeindevorgesetzte zu Vaduz. 
>. November 1793. 
65) LLA RA 29/4, Gemeinde Vaduz an Oberamt wegen «schlechter 
ınd ungleicher Benutzung der Gemeindegüter», 27. Juni 1793 
66) Damit war wohl der von der Gemeinde Schaan erworbene 
Gamanderhof gemeint. 
67) LLA RA 32/1/2, Bittschrift von Johannes Ospelt, Thomas Hilty. 
Joseph Hilty und Jörg Thöny an die Gemeinde Vaduz. 27. März 
1795. 
2]
	        

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