Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

200 JAHRE GEMEINDEGRENZEN SCHAAN/VADUZ/ 
PLANKEN / ALOIS OSPELT 
Gemeindevorständen, aber auch unter den Ge- 
meindsleuten der beiden Dörfer.** 
Am 25. Januar 1790 vermerkte die Oberamts- 
kanzlei den Eingang einer Beschwerde einer statt- 
lichen Zahl von Vaduzer Gemeindsleuten. Die Be- 
schwerde datiert vom 28. Dezember 1789. Das 
Original trägt 34, die vom Oberamt erstellte Ab- 
schrift verzeichnet 43 Unterschriften.” Die Unter- 
zeichneten führten an, sie hätten keinen Gemeinds- 
nutzen und auch nicht «einige Aussicht, ... ihn in 
ihrem Leben erlangen zu können.» Sie müssten 
aber wie jene mit ganzer Gemeindsteilnutzung 
Frondienste, Strassenbau-, Damm-, Wuhr- und an- 
dere Beschwernisse und Kosten tragen. Die Unter 
zeichneten verlangten eine «billige Verteilung des 
Gemeindebodens». Wenn die Gemeindsvorstände 
die Verteilung verweigerten, wollten sie «ihr Fle- 
hen bis an den Thron Sr. Hochfürstl. Durchlaucht 
gelangen lassen». 
In etwa gleichzeitig mit den Vaduzern reichten 
23 Schaaner Gemeindsleute eine Bittschrift ähn. 
ichen Inhalts ein.®® 
Das Oberamt liess die Beschwerden den Ge: 
meindevorgesetzten von Schaan und Vaduz zustel- 
len. Diese sollten die Bittsteller «ihrer dem An- 
schein nach wohl gegründeten Beschwerde halber 
von selbst klaglos stellen» oder innerhalb 14 Tagen 
gegenüber dem Oberamt begründen, «aus was für 
Ursachen sie sich bewogen finden, ihre Mitbürger, 
die mit ihnen die Beschwerden der Gemeind tra- 
gen, mit einem solchen Ansuchen abzuweisen».?/ 
Die Antwort der Gemeindeobrigkeit liess auf 
sich warten. Das Oberamt mahnte Landammann 
Ischetter am 26. April 1790: «Die Untertanen trei- 
pen auf eine Resolution». Wenn die schon lange 
ausstehende Stellungnahme der Gemeindsvorge- 
setzten nicht beigebracht werde, gehe das Bitt- 
gesuch ohne weiteres an den Fürsten.”® 
Am 29. April traf dann die verlangte Stellung- 
nahme ein. Sie war offensichtlich von einem 
Rechtsbeistand verfasst und von Landammann 
Lorenz Tschetter, den Säckelmeistern und je drei 
Mitgliedern «des Gerichts» der beiden Gemeinden 
eigenhändig unterschrieben worden. Darin wurde 
angeführt, die Beschwerden seien nur dem An- 
schein nach begründet. Wörtlich hiess es: «... In 
der Regel sollte zwar jeder Gemeindsmann glei- 
chen Antheil an den Gemeindsnutzungen haben, 
ınd hat es auch wirklich in Wunn und Waid, Trieb 
ınd Tratt, da nämlich in diesen Gemeinden ein 
‚eder soviel Stück Vieh austreiben kann, als er will, 
wo doch von Rechts wegen jeder nur soviel treiben 
zollte, als er zu überwintern oder im Stalle zu 
ernähren vermag. Was aber die Benützung der 
)jesonderen eingeschlagenen Plätze auf den ver- 
schiedenen Gemeindsdistrikten anbetrifft, hieran 
<önnen nicht alle Anteil nehmen und bekommen; 
die Lokalität, die Umstände und die Bedürfnisse 
der Gemeinden und des Landes müssen hier die 
Bestimmung geben. Eine Herde von ca. 1400 Stück 
Vieh braucht einen grossen Platz, und die Hegung 
der Stauden-Gewächse zur Faschinierung an dem 
Rhein-Wuhrbau erfordert gleichfalls einen grossen 
Distrikt; diese zwey Umstände sind es, welche 
unsere Vorfahren bewogen haben, nicht mehr Plät 
ze zum privativen Gebrauch einzuschlagen, um 
ıicht den Waidgang und Nachwuchs der Stauden 
zu verkürzen; diese guten Gründe walten noch für 
und hindern uns, mehr Plätze einzuschlagen. Wir 
und unsere Väter, wie der Kläger Väter haben uns 
diese zum allgemeinen Besten gemachte Anord- 
nung müssen gefallen lassen, haben oft viele Jahre 
lang auf die Erledigung einiger Gemeindsteile war- 
ten müssen; mancher hat es gar nicht erlebt, nun 
aber in den neueren Zeiten und bei den jüngeren 
Einrichtungen währt es nicht mehr halb so lang; 
54} LLA RA 10/28/5/22-23, Oberamt an Landammann, Richter. 
Säckelmeister, Geschworene und Gemeindsleute zu Schaan und 
Vaduz, 3. und 7. März 1787. 
35) LLA RA 29/3/1/1 und 2, Beschwerde vom 28. Dezember 1789 
eingegangen am 25. Januar 1790 
56) Die Schaaner Petition mit der Anzahl der Petitionäre ist erwähnt 
n der Stellungnahme der Ortsvorstände von Schaan und Vaduz 
zu den eingereichten Bittschriften (LLA RA 29/3/1/4, Schriftsatz. 
o. D., eingegangen am 29. April 1790: vgl. Anm. 59). 
57) LLA RA 29/3/1/1, Oberamtsvermerk auf Beschwerde vom 
28. Dezember 1789 
58) LLA RA 29/3/1/3. Oberamt an Landammann Tschetter. Schaan. 
26. April 1790 
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