DAS ALTE PFARRHAUS AUF DEM KIRCHHÜGEL
BENDERN / GEORG MALIN
17. Januar 1806 alle Rechte des Klosters. Der letzte
Abt, Nikolaus Gyr, starb kurz danach.'!* In Bendern
verschied der letzte Konventuale, Pater Andreas
Maiser, am 20. Mai 1816.'* Damit bestand für die
Mönche von St. Luzi kein Bedarf mehr an Wohn-
raum, und die Statthalterei mochte fortan wohl als
”farrhaus genügen. Doch galt es vorerst, den letz-
ten Patronatsherrn, der 1814 die Nachfolge von
Bayern angetreten hatte, nämlich Österreich, zu
verabschieden.
Österreich erwuchsen aus den Rechten und dem
Besitz in Bendern immer wieder erhebliche Auf-
wendungen beim Unterhalt der Bauten auf dem
Kirchhügel. In den Jahren 1827, 1828, 1832, 1839,
1841 und 1859 bezahlte das österreichische Ärar
Rechnungen für den Unterhalt der Pfarrkirche, des
Pfarrhofes und der Ökonomiegebäude,'® wenn
auch zögernd und widerwillig. 1863 schliesslich
antschloss sich Österreich, alte Rechte und allen
Besitz des ehemaligen Klosters St. Luzi in Bendern
zu veräussern. Die Verhandlungen zogen sich
Jahin: Ein Käufer und ein angemessener Kaufpreis
mussten gefunden werden. Die Gemeinde Gamprin
war für Österreich der nahegelegenste und inter-
essierteste Partner. Nicht zuletzt dank der ge-
schickten Vermittlung der liechtensteinischen Re-
gierung einigten sich schliesslich die österreichi-
schen Vertreter und jene der Gemeinde Gamprin
am 8. Januar 1874 in Feldkirch auf die Entschädi-
gungssumme von 16 000 Gulden, welche das öster-
reichische Ärar der Gemeinde für die Übernahme
der Patronats- und Baupflicht entrichten musste.
Sin Statut vom 23. Juni 1874 regelte die neue Do-
Jerung der Pfarrpfründe und schrieb unter ande-
rem die notwendige Renovation der Ökonomiege-
bäude vor !®
Die Gemeinde handelte rasch. Der Zustand der
Bauten auf dem Kirchhügel erlaubte kein Zuwarten
mit den Restaurationsarbeiten. Am 17. Januar
1875 ersuchte der Pfrundverwalter die Regierung
in Vaduz, «den Umbau des alten Pfarrhauses in
Bendern zu einem Ökonomiegebäude» zu bewilli-
gen. In einer amtlichen Randnotiz auf dem Gesuch
heisst es, dass das alte Gebäude in «seinem Um-
fange unverändert» bleibe. Im Inneren werde die
Zinteilung der Räume verändert.!’ So erteilte die
Zegierung am 18. Februar 1875 die Bewilligung
zum Umbau.
In der Folge entstand ein Stallgebäude mit
Scheune. Der Raum für Weinkelterung im Nordost-
bereich des Erdgeschosses blieb offenbar noch in
Gebrauch, ebenso der beinahe ein halbes Stock-
werk tiefer liegende, gewölbte grosse Weinkeller
‘Keller 2) im südwestlichen Teil des Grundrisses. In
der Nordecke des Hauses erstellte man einen Kuh-
und Schweinestall (Abb. 4) mit einem neuen Zu-
gang zu den Stallungen. Aus dieser Zeit stammt das
grosse Scheunentor in der nordwestlichen Fas-
sade. Den erwähnten grossen Keller deckte im
Grundriss ein Lagerraum ab. Für Heu und andere
Vorräte gewährte das ehemalige erste Wohnge-
schoss nach Entfernung der Zimmerwände und
Jecken genügend Raum für eine grosse Scheune
mit sichtbarer Dachkonstruktion.
Nachdem aber die landwirtschaftliche Nutzung
des Gebäudes endgültig eingestellt worden war
und das Gebäude keinem eigentlichen Zweck zuge-
führt wurde, zerfiel es mehr und mehr. Es diente
als Depot für Dinge, die man nirgends sonst unter-
bringen konnte. Die Tenne wurde zur Garage für
das Auto des Pfarrers und lange Zeit auch Lager-
raum für Brennholz. Während der Kirchenrenova-
tion 1968/70 war der längsrechteckige südwestli-
che Raum Kapelle für Gottesdienste an Werktagen.
Das funktionslos gewordene Gebäude verkaufte
die Pfarrpfründe Bendern am 16. Dezember 1971
12) Georg Schmidt: Fürst Johann 1. (1760-1836). Souveränität und
Modernisierung Liechtensteins. In: Volker Press/Dietmar Willoweit
Hrsg.): Liechtenstein - Fürstliches Haus und staatliche Ordnung.
Vaduz, Wien, 1986, S. 387-407. - Dazu die Ausführungen Johann
Baptist Büchels, wie Anm. 4,5. 81 f
13) Pater Nikolaus Gyr. erwähnt 1775-1806, stammt aus Einsiedeln
war Pfarrer in Bendern und starb als letzter Abt (1782-1806) in
st. Luzi in Chur. Johann Baptist Büchel. wie Anm. 4.5. 79 ff.. 119.
(4) Ebenda, S. 81.
15) Ebenda, S. 89, 104
16) Ebenda, S. 108 If.. besonders S. 114 f., Punkt 6 des Statuts.
17) Schreiben des Pfrundverwalters an die Regierung in Vaduz vom
17. Februar 1875: LLA C 1875 / 294
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