LANDESVERRAT: DER FALL DES 1944 IN DER SCHWEIZ
I1IINGERICHTETEN ALFRED QUADERER / PETER GEIGER
gungen zum Ausgang an: Am mutmasslichen Ent-
scheid der Begnadigungskommission wie der Bun-
desversammlung zu Quaderer und Roos seien
«kaum Zweifel möglich». Höchstens sei bei Qua-
derer in Betracht zu ziehen, dass er liechtenstei-
nischer Staatsbürger sei und so als Ausländer nicht
sein eigenes Land verraten habe. Dies als mildern-
den Umstand walten zu lassen, «wird jedoch gera-
de in der Heimat Quaderers abgelehnt». Die liech-
tensteinische Presse habe sich nach der Verurtei-
lung von Quaderer, Kranz und Vogt
«mit aller Schärfe gegen die verräterischen Lands-
leute ausgesprochen und ihre Verurteilung be-
grüssb»,
gerade im Hinblick auf das enge Verhältnis zur
Schweiz. Der schweizerische Autor folgerte denn,
die früheren Stellungnahmen des «Liechtensteiner
Volksblatts» und des «Liechtensteiner Vaterlands»
etwas forcierend:
«Wenn also Quaderer als erster Ausländer wegen
Vergehens gegen den Staatsschutz hingerichtet
wird, so ist dies nicht nur juristisch korrekt - auch
ausländische Gerichte beurteilen straffällige Aus-
länder nicht milder als die eigenen Staatsan-
gehörigen -, sondern lässt sich auch vom Stand-
punkt der auswärtigen Beziehungen durchaus ver-
treten.»
Daher, so schliesst der Artikel, werde die Bundes-
versammlung nach Erwägung dieser Momente «al-
ler Voraussicht nach» bei Quaderer und Roos zum
gleichen —- negativen - Ergebnis gelangen wie bei
den bisherigen Gesuchen von
«zum Tode verurteilten Feinden unserer staatli-
chen Sicherheit»
Der schweizerische Verfasser dieses Artikels kann-
te die Materie offensichtlich gut. Erstaunlich er
scheint, dass dieser Text einen Tag nach seinem
Erscheinen in der «Ostschweiz» auch im «Liech-
tensteiner Volksblatt» veröffentlicht wurde, unter
der Rubrik «Aus der Schweiz», und zwar ohne
weiteren Kommentar. Die Erklärung ist einfach:
Das «Liechtensteiner Volksblatt» wurde in Au im
schweizerischen Rheintal gedruckt, dort wurden
auch Texte, etwa Meldungen aus der Schweiz, ohne
Ho
Ip
2
19
Ad
Nerräfer biffen um Gnade
3n Bern firitt am 24. Mai die Begnadie
gungskommiffion der Sundesverfammlung
3zufammen, um die Anträge über die Haängigez
Begnadigungsgefuche zu bereinigen, Mit De:
tum vom 18. März hat, mie erinnerlich, das
Territorialgeridt 3B eine Spiorageorgani
[ation abgeurteilt und dabei außer Hodheq
Zucthausjitafen aud) drei Todesurteile ge,
Jallt, nämlid gegen Yljred Hermann Qua
berer, von Schaan (Liechten[tein), Kurt Io
Bann Roos, von Hasle (Luzern), und Nillg
ı Kranz. von Eichen (Liechtenjtein). Während
der Heimat Quaderers abaclechnt. Die Yrene
des FJürftentums Liechtenjtein hat fi im UAn-
[OHluß an die Verurteilung der Liechtenfieiner
Quoderer, Kranz und Bogt mit aller SdHärfe
gegen die verräterifhen Landsleute ausge
‚procHen und ihre Berurteilung begrüßt, mo:
bei fie auf das befonders enge Vertrauens:
oerhaltnis der beiden Staaten hinmies. Nenn
alfo Quaderer als erfter Yusländer wegen
Bergehens gegen den CSiaatsihuß hingerichtet
mird, fo jt dies nicht nur jurijtifdh kortrcht —
auch ausländifdhe Gerichte beurteilen {trafial
ige Yusländer nicht milder als die eigenen
Staatsangehörigen —, fondern laßt (id auS
dom Standpunkt der auswärtigen Beziehun-
gen durchaus vertreten. In Erwägung aller
diefer Momente mird die Bundesverfamm:
lung aller Vurausficht nad) bei der Veurkeis
lung der Onadengefuch: QLuaderer und Roos
sum felben Ergebnis gelangen mie bei den
früheren Gefuchen von zum Tode veructeilten
Seinden unferer ftaallihen Cicherheit.
Artikel im «Liechtenstei-
ner Volksblatt» vom 4. Mai
1944, unter der Rubrik
«Aus der Schweiz». Tags
zuvor hatte ihn «Die
Ostschweiz» gebracht. Er
erschien auch in andern
Schweizer Zeitungen, so
am 5. Mai 1944 kürzer im
KWO»
517)