- darunter zwei gegen Liechtensteiner, nämlich
Alfred Quaderer und Willy Kranz - sowie noch drei
im Jahre 1945 gefällt, davon eines wiederum gegen
einen Liechtensteiner, nämlich Theo Wolfinger.
Insgesamt 17 Todesurteile gegen Landesverräter
wurden in der Schweiz vollstreckt, und zwar in den
Jahren 1942 bis 1944, darunter jenes an Alfred
Quaderer. Ein Verurteilter wurde 1945 begnadigt.
15 Todesurteile wurden in contumaciam gefällt, in
Abwesenheit der Angeklagten, so dass sie nicht
vollstreckt werden konnten. Unter diesen abwe-
send zum Tod Verurteilten waren die zwei erwähn-
ten Liechtensteiner Kranz und Wolfinger.
ım bürgerlichen Strafrecht, das heisst im nicht-
militärischen Bereich, war die Todesstrafe in der
Schweiz abgeschafft, und zwar durch das neue
Strafgesetzbuch von 1937, das 1938 in der Volks-
abstimmung angenommen wurde und auf den
1. Januar 1942 in Kraft trat. Daher gab es im
Zweiten Weltkrieg auch keine Schweizer Todes-
urteile wegen politischen Landesverrats.
Dagegen blieb im 1927 neu gefassten schwei-
zerischen Militärstrafgesetz die Todesstrafe — trotz
Einwänden von sozialdemokratischer Seite — bei-
vehalten, wenn auch eingeschränkt auf «Kriegs-
zeiten» oder «unmittelbar drohende Kriegsgefahr».
Solche bestand von 1939 bis 1945. Zur Anwendung
kamen vorab die Artikel 86 und 87 des schweize-
rischen Militärstrafgesetzes (MStG) von 1927.
Nach Artikel 86 MStG galt die Verletzung mili-
tärischer Geheimnisse als «Verräterei», nämlich
das Ausspähen und Weitergeben von «Tatsachen,
Vorkehren, Verfahren oder Gegenständen, die mit
Rücksicht auf die Landesverteidigung geheimge-
ıalten werden», an einen fremden Staat, an dessen
Agenten oder an die Öffentlichkeit. Als Strafe war
Zuchthaus vorgesehen, in Zeiten des aktiven Trup-
penaufgebots nicht unter drei Jahren. Störte oder
gefährdete der Täter durch seine Verratshand-
‚ungen die Unternehmungen des schweizerischen
Heeres, so konnte in Zeiten des Aktivdienstes le-
penslängliches Zuchthaus, in Kriegszeiten gar die
Todesstrafe verhängt werden.
Nach Artikel 87 MStG wiederum galten als
«militärischer Landesverrat» Sabotagehandlungen,
durch welche in Zeiten aktiven Truppenaufgebots
Unternehmungen des schweizerischen Heeres di-
rekt und indirekt gestört oder gefährdet wurden,
insbesondere durch Beschädigung oder Vernich-
tung von Heereseinrichtungen sowie durch Be-
hinderung von deren Betrieb. Als Strafen war in
schweren Fällen ebenfalls lebenslängliches Zucht-
haus, in Kriegszeiten die Todesstrafe möglich.
Nachdem Hitler am 10. Mai 1940 seine west-
'ichen Nachbarstaaten überfiel, auch die Schweiz
sich unmittelbar militärisch gefährdet sah, zudem
deutlich wurde, wie verheerend sich beim deut-
schen Einbruch in den Niederlanden, in Belgien,
„uXemburg und Frankreich Spionage und Sabo-
tage auswirkten, erliess der Bundesrat zweiein
halb Wochen darauf, am 28. Mai 1940, eine Ver-
ardnung, gemäss welcher bei militärischem Ge-
heimnisverrat nach den Artikeln 86 und 87 MStG
generell auf lebenslängliches Zuchthaus oder To-
desstrafe erkannt werden konnte. Dies bedeutete
eine Verschärfung der Strafandrohung für militä-
rischen Landesverrat und sollte klar abschreckend
wirken.
Auffällig ist indes der Umstand, dass das erste
Todesurteil erst über zwei Jahre später, am 25.
September 1942, gefällt wurde und die erste Hin-
richtung erst im November 1942 geschah, es war
jene des St. Gallers Ernst Schrämli. Die Gerichte
hatten 1939, 1940 und 1941 bei Spionagefällen
noch verhältnismässig milde Strafen verhängt. Als
sich aber 1941 und 1942 die von Deutschland ge-
gen die Schweiz gerichtete und in der Schweiz ver-
übte Spionage verstärkte und schliesslich ganze
einheimische Spionageringe aufgedeckt wurden,
sah man es für notwendig an, härter zu urteilen,
uım drastisch darzutun, dass die Verräter die Exis-
tenz des Landes und das Leben der Bewohner ge-
fährdeten.
In diesen zeitlichen und rechtlichen Rahmen im
Kriegsverlauf fügen sich Handlungen und Schicksal
Alfred Quaderers ein. Quaderer handelte nicht
allein, er gehörte zu einem verzweigten Spionage-
netz. Im betreffenden Prozess im März 1944 wur-
den zwei Dutzend Personen abgeurteilt.