LANDESVERRAT: DER FALL DES 1944 IN DER SCHWEIZ
HINGERICHTETEN ALFRED QUADERER / PETER GEIGER
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Landesverräter-Urteile
in der Schweiz
im Zweiten Weltkrieg
Zweiten Weltkrieg, gerichtet waren. Spionage, die
ein fremdes Land betraf und sich nicht gegen die
Schweiz richtete, war nicht Landesverrat, sondern
verbotener Nachrichtendienst. Im politischen Be-
reich galt auch das Bemühen nationalsozialisti-
scher Schweizer, die Schweiz ans Dritte Reich
anzuschliessen, als Landesverrat. Doch war die
Todesstrafe gegen politische Landesverräter in der
Schweiz nicht möglich; gegen solche Schweizer
sprach man lange Gefängnisstrafen aus, ab 1943
konnte man sie, wenn sie im Reich weilten, aus-
bürgern. Um diesen politischen Landesverrat geht
es hier aber nicht. Die schweizerischen Landes-
verräter-Urteile ergingen wegen militärischer Spio-
nage und Sabotage zum Nachteil der Schweiz. So
auch im Fall des Alfred Quaderer und der mit ihm
in der Schweiz Verurteilten.
Besonders merkwürdig erscheint der Umstand,
dass mit Quaderer ein Liechtensteiner als schwei-
zerischer Landesverräter hingerichtet wurde. Der
Tatbestand des Landesverrats war nicht auf
Schweizerbürger beschränkt, er betraf auch Per-
sonen, welche in enger Verbindung zur Schweiz
standen. Hier war Liechtenstein inbegriffen, ge-
rade in der Kriegszeit.
Man mag schliesslich fragen, wozu die folgen-
de Ausbreitung der Einzelheiten, bis hin zu den
sehr konkreten Hinrichtungsmomenten, denn die-
ne. Alfred Quaderers Einzelschicksal wirft Licht-
kegel in dunkle Ecken, in Verwicklungen und Zu-
sammenhänge der Kriegszeit, auf das soziale Um-
feld, auf parallele Lebensläufe, auf Mentalitäten,
auf banale Motive für Verratshandlungen ebenso
wie auf existentielle Staatsinteressen, auf Politik-
felder der Schweiz, Liechtensteins und des Dritten
Reiches. Schärfe und Nähe der Lichtkegel machen
erst die realen Details sichtbar, aus denen die Ein-
zelleben bestehen und das Ganze der Geschichte
sich webt.
ÜBERSICHT UND LIECHTENSTEINER ANTEIL
in der Schweiz wurden wegen militärischen Lan-
desverrats im Laufe des Krieges und bis zum Ende
des Aktivdienstes — das heisst bis zum 20. August
1945 — insgesamt 33 Todesurteile ausgesprochen,
daneben noch 50 lebenslange Zuchthausstrafen so-
wie weitere 218 zeitliche Zuchthausstrafen. Todes-
urteile gab es danach keine mehr, wohl aber wei-
;jere lebenslange und zeitliche Zuchthausstrafen
wegen Landesverrats.
Nicht alle Verurteilten waren Eidgenossen. Die
33 gefällten Landesverräter-Todesurteile ergingen
gegen 22 Schweizer, sieben Deutsche, drei Liech-
tensteiner und einen Franzosen. Die gegen Liech-
tensteiner gefällten Todesurteile machten somit
immerhin neun Prozent aus. Unter den 50 mit
lebenslangem Zuchthaus bestraften Landesverrä-
‚ern figurierte ein Liechtensteiner. Die 218 zeit-
lichen Zuchthausstrafen für Landesverrat betrafen
neben 140 Schweizern und 59 Deutschen auch
13 Liechtensteiner, daneben vier Italiener, einen
Belgier und einen Franzosen. Schweizerische Spio-
nage-Urteile, die nach dem 20. August 1945 er-
gingen, erfassten nochmals weitere Personen aus
Liechtenstein.
Die in der Schweiz gegen die Liechtensteiner,
darunter einige wenige Frauen, ausgesprochenen
Zuchthausstrafen wegen Landesverrats und wegen
Nachrichtendienstes für fremde Staaten waren
lang. Allein nach den bis zum 31. Januar 1945 ge-
fällten Urteilen waren es für 13 liechtensteinische
Personen zusammen 89 Strafjahre. Mit später dazu
kommenden Urteilen ergaben sich weit über 100
Jahre Zuchthaus für Personen aus Liechtenstein
wegen Spionagedelikten gegen die Schweiz zu-
gunsten Hitlerdeutschlands.
TODESURTEILE UND HINRICHTUNGEN
Hier interessieren wegen des Falles Quaderer
speziell die Todesurteile. Von den insgesamt 33
schweizerischen Todesurteilen wurden sieben im
Jahre 1942, zehn im Jahre 1943, 13 im Jahre 1944
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