habe.* Aus den Gestapo- und SD-Meldungen wird
arsichtlich, dass für die deutschen Stellen, insbe-
sondere das RSHA, die Bereinigung der Angelegen-
heit Blaschke «ausserordentlich eilig» war. Die
Beziehung Blaschkes zum SD stand unter Geheim-
haltung, auf seine Person bezogen sich die internen
Korrespondenzen unter stereotyper Verwendung
des Decknamens «Hacker(t)». Als eine Zusammen:
arbeit mit den liechtensteinischen Behörden erfor-
derlich wurde, sollte Blaschke als normaler Krimi-
nalfall gelten; gegenüber dem Unterhändler Karl
Kriener von der Gestapo Feldkirch unterstrich der
SD-Führer Dauser: «Dr. Vogt soll nicht erfahren,
was hinter der ganzen Angelegenheit steckt».
Woher rührte die alarmierte Stimmung beim RSHA
und die wiederholte Befürchtung, die Schweizer
Behörden würden Rudolf Blaschke in Gewahrsam
nehmen? In der ersten Meldung des Gestapokom
missars Hübner wurde lapidar von der «Festnah-
me des im Auftrage des Amt VI des RSHA tätigen
Yans Hackert» gesprochen. Eine gute Woche spä-
ter begab sich dessen «Geschäftspartner» Friedrich
Schwend nach Feldkirch, ebenso der SS-Führer
Groebl vom RSHA Amt VI (SD Ausland).
Aufgrund der damaligen Korrespondenz und
der nach dem Kriege erhobenen Auskünfte zu
deutschen Geheimdienstunternehmen lässt sich
die Dimension des Falschgeldfalles «Blaschke-
Schwend» abschätzen. Friedrich Schwend war
einer der erfolgreichsten deutschen Devisenver-
treiber und -beschaffer im Dienste der SS, des
Reichsfinanzministeriums und der militärischen
Abwehr.*°* Sein Deckname war «Wendig» (sic!).*°
Rudolf Blaschke war einer von Schwends Agenten.
seit Sommer 1942 ging eine Spezialabteilung des
Amtes VI daran, falsche Pfundnoten in grosser Auf-
lage zu drucken.?°° Damit sollten einerseits das bri-
tische Währungssystem gestört, andererseits Devi-
sen zur Finanzierung eigener Geheimoperationen
beschafft werden. Friedrich Schwend organisierte
als logistischer Kopf des Unternehmens «Bern-
hard» den Vertrieb in Europa. Der damals 27-
jährige SS-Obersturmführer Wilhelm Groebl war
Schwend vom Amt VI als «Führungsmann» zuge-
ceilt.?9” Als der Pfundvertrieb Blaschkes in Liech-
tenstein und der Schweiz aufflog, war auch Groebl
beunruhigt und instruierte die lokalen Stellen.
Huebner berichtete am 10. Dezember, dass Groebl
mit ihm gesprochen habe: «Der Fall ist einer der
delikatesten überhaupt. Ausser dem Reichsführer
[Heinrich Himmler, d. Verf.] ist nur er [Wilhelm
Groebl, d. Verf.] und ein SS-Führer der SD-Leit-
stelle München orientiert. Selbst Dauser kennt die
Zusammenhänge nicht.»*°® Allerdings deckte der
SD noch weitere Verbindungen. In einem Bericht
des Reichsfinanzministeriums wird zum Fall
«Blaschke» nach Abschluss dem Auswärtigen Amt
gemeldet: Blaschke sei Ende November 1942 in die
Schweiz gereist, um unter anderem «einen Auftrag
zu erledigen, der unmittelbar vom KReichswirt-
schaftsministerium ausging und sich auf Devisen
bezog.»*” Die SD-Führung in Berlin dürfte nach
Bekanntwerden der «Panne» in Liechtenstein das
grösste Interesse an einer Bereinigung in ihrem
Sinne gehabt haben. Eine Auslieferung des Devi-
senagenten an die Schweizer Behörden hätte das
laufende Falschgeld-Unternehmen einschliesslich
der damit betrauten Personen gefährdet. Diese
Dimensionen des Falles Blaschke blieben den
Liechtensteinern verborgen. Allerdings war auch
ihnen, der Regierung und dem Landrichter Risch,
klar, dass mit Blaschke kein gewöhnlicher Straf-
:äter einsass. Alois Vogt erinnerte sich, dass Krie-
1er bei seinen Vorsprachen immer andeutungswei-
se geäussert habe: ««man glaubt bei uns», «man
hofft bei uns>»».?!° Die Übergabe des ad hoc ausge-
stellten Auslieferungsantrags gab Hoop und Vogt
Anlass, die Rechtswege der Gestapo als vorge-
schützte Formalie einzuschätzen und die Justiz für
eine baldige Erledigung einzubinden. Schliesslich
ıabe die Regierung Landrichter Risch um die Be-
schleunigung der Untersuchung gebeten.“'! Indem
zugleich der Schein der Legalität gewahrt wurde,
suchten sich die Liechtensteiner gegenüber den
Schweizer Behörden abzusichern. Alois Vogt habe
bei der Lagebesprechung am 17. Dezember darauf
hingewiesen, dass eine Kautionsstellung und ein
Einvernahmeprotokoll von Schwend vorliegen
sollten, «falls die Schweizer Akteneinsicht ver-
langen würden».?!?