Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

Im Jahre 1798 errichtete der damalige Vaduzer Löwenwirt Johann Rheinberger mit obrigkeitlicher Erlaubnis im Möliholz eine Gipsmühle.254 Der Gips wurde auf Masescha gebrochen, von Leuten aus Triesenberg nach Vaduz getragen und von da wei- ter zur Mühle geführt. Die Gipsmühle, von 1817 bis 1827 auch Zollstation,255 produzierte jährlich 600 bis 800 Fässer Gips, der meist nach Süddeutsch- land verkauft wurde und dabei einen jährlichen Bruttogewinn von 4 800 bis 6 000 Gulden einbrach- te.256 Für viele Triesenberger, die ja als Bergbauern keinen Anteil am Rodfuhrwesen hatten, war der Gipstransport und -verkauf eine wichtige Einnah- mequelle.257 Fehlende Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkei- ten im eigenen Land führten seit dem frühen 19. Jahrhundert zu einer saisonalen Auswanderung von liechtensteinischen Handwerkern und Arbei- tern. Etwa zehn Prozent der gesamten Bevölkerung verliessen im Frühjahr ihre Heimat, um in der Schweiz, in Süddeutschland oder in Frankreich zu arbeiten. Im Herbst kehrten sie schliesslich zurück, um mit dem sauer verdienten Geld die Steuern, Zinsen oder Schulden zu bezahlen.258 
DAS ZOLLWESEN: GRADMESSER DES WARENVERKEHRS Liechtenstein kannte noch im späten 18. Jahrhun- dert ein Zollsystem, das sich nicht an den politi- schen Grenzen, sondern an einzelnen Strassen- zügen orientierte. Folglich standen die «Zollhäus- chen» auch nicht an der Landesgrenze, sondern an den wichtigsten Handels- und Durchgangsrouten. Die wichtigste Zollstation befand sich seit dem Mit- telalter in Vaduz.259 Hier wurde der gesamte Ver- kehr erfasst, der auf der Nord-Süd-Achse durch das kleine Land ging. Mit Hilfe von kleineren Zoll- stationen wurde versucht, den Ost-West-Verkehr - welcher den Rhein mit einer Fähre überquerte - fiskalisch zu erfassen. Diese weniger einträglichen Zollstationen hatten - im Gegensatz zum Hauptzoll in Vaduz - keine absolut sichere Existenz und es kam hier oft zu einer Aufhebung, Verlegung oder Neugründung einer Zollstation. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts gab es folgende «Neben»-Zoll- ämter: Ruggell, Rofaberg und Mäls.260 Neben dem eigentlichen Warentransitzoll wurde auch ein Wegzoll, das sogenannte Weggeld, erho- ben. Noch um 1750 waren die Weggeldeinnahmen äusserst bescheiden.261 Erst der Erlass einer neuen Weggeldordnung im Jahre 1782 verschaffte hier Abhilfe. Gemäss dieser neuen Ordnung mussten für eine Fahrt durch das ganze Fürstentum Liechten- stein folgende Gebühren entrichtet werden: für ein Reit-, Saum- oder Zugpferd sowie für einen be- spannten Ochsen je drei Kreuzer; für Ochsen, Kühe, Rinder und Kälber (die durch das Land getrieben wurden) je zwei Kreuzer; für Kleinvieh betrug der Tarif einen Kreuzer pro Stück.262 Die liechtensteinischen Untertanen waren innerhalb der Landesgrenzen von Weggeldzahlungen befreit. Für Fahrten und Transporte ins Ausland hingegen hatten auch sie das Weggeld zu entrichten.263 Weggeldstationen waren ab 1782 Vaduz, Balzers, Schaanwald, Rofaberg (bis 1785), ab 1792 dann nur noch Balzers und Schaanwald.264 Sofern sich eine Zoll- und Weggeldstation am selben Ort befand, so wurden die beiden Ämter des Zollers und Weggeldeinnehmers von ein und der- 50
	        

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