Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

DAS ROD- UND FUHRWESEN IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / KLAUS BIEDERMANN hohe Beständigkeit und Lebensdauer auswiesen. Solche Übergänge wurden nicht durch bauliche Massnahmen gebildet. Vor der grossen Rheinkor- rektur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veränderte sich das Flussbett ständig. Der Fluss «mäandrierte» und suchte sich den Weg des ge- ringsten Widerstands. Dabei entstanden auf natür- liche Weise Stellen, wo der Fluss weniger tief war und folglich durchwatet werden konnte. Ein Hoch- wasser konnte indes die Situation völlig verändern: Dort, wo früher der Wasserstand am höchsten war, konnte nun eine Sandbank liegen und umgekehrt. Bei Niedrigwasser, in den Monaten Januar bis März, war der Rhein zwischen dem Bodensee und Chur an etwa zwölf Orten «furtbar» (besonders im Abschnitt Tardisbrücke153 - Trübbach sowie unter- halb von Montlingen). Die Rheinkorrektion im spä- teren 19. Jahrhundert verengte das Flussbett und bewirkte so eine Erhöhung der Fliessgeschwindig- keit und der Transportkraft des Rheins. Folglich konnten sich kaum noch Furten bilden. In vorreformatorischer Zeit umfasste die Pfarrei Bendern auch linksrheinische Gebiete, und zwar die Ortschaften Sennwald (bis 1422), Salez (bis 1514) und Haag (bis 1637).154 Es bestand somit für die Angehörigen dieser drei Ortschaften die Not- wendigkeit, zwecks Gottesdienstbesuch in Bendern den Rhein zu überqueren. Sie taten dies mit Hilfe einer Fähre. Dieser Rheinübergang Haag-Bendern gewann noch zusätzliche Bedeutung infolge Inan- spruchnahme durch zahlreiche Pilger/innen. Ben- dern lag an der Pilgerroute, die von Tirol und Vor- arlberg nach Einsiedeln führte.155 Umgekehrt war Bendern selbst zeitweise ein lokaler Wallfahrtsort, so zum Beispiel im 16. Jahrhundert für die inner- halb des heutigen Bezirkes Werdenberg katholisch gebliebenen Einwohner von Garns.156 Die übrigen Ortschaften des Bezirkes Werdenberg waren im 16. und 17. Jahrhundert zur Reformation übergetre- ten. Der Rhein bildete folglich zwischen den Land- schaften Vaduz und Schellenberg einerseits sowie der Herrschaft Werdenberg andererseits nicht nur eine geographische, sondern auch eine konfessio- nelle Trennlinie. Auf den Personen- und Warenver- kehr hatte dies eher ungünstige Auswirkungen, zu-mal 
die beidseitigen Obrigkeiten grenzüberschrei- tende Kontakte eher behinderten als förderten.157 Die erste Erwähnung des Fährbetriebs auf dem Rhein ist im Rätischen Urbar des 9. Jahrhunderts zu finden. Unter der Gemeinde Schaan ist der Hin- weis zu finden: «Jedes von den 7 Dörfern entrichtet da für das Fronschiff einen Denar».158 Noch im 17. Jahrhundert wurde eine alte, abgegangene «Fahr» bei Gamprin erwähnt, die offenbar älter als jene in Bendern war.159 Insgesamt gab es zwischen Trüb- bach und Büchel fünf (nach 1850 sogar sechs) Fähren: die erste zwischen Trübbach und Balzers, die zweite zwischen der Burgerau und dem Möli- holz, die dritte zwischen Haag und Bendern, die vierte zwischen Ruggell und Salez und die fünfte zwischen Ober-Büchel und Bangs (in der jeweils erstgenannten Ortschaft war die Fähre stationiert). Die letztgenannte fünfte Fähre hatte eine nicht un- bedeutende Stellung, stellte sie doch eine Verkehrs- verbindung zwischen den Städten Feldkirch und Altstätten her. Der Fährübergang zwischen Burge- rau und dem Möliholz wurde erst zu Beginn des 147) Ebenda. S. 340. 148) Kuratli, Loreleifelsen im St. Galler Oberland. S. 166. 149) Ebenda. 150) Ebenda. 151) Ebenda. 152) Die folgenden Ausführungen stützen sich weitgehend auf: Vogt, Werdenberg-Liechtenstein, S. 155. 153) Zur Tardisbrücke: vgl. Ausführungen auf S. 21. 154) Poeschel, Liechtenstein, S. 242. Fussnote 1. Haag trat erst im 17. Jahrhundert zum neuen Glauben über. 155) Vogt, Werdenberg-Liechtenstein, S. 154. Dieser Wallfahrtsweg führte über Feldkirch, das Thurtal und den Rickenpass. 156) Aebi, Sennwald, S. 33 und Schafnauser, Der Rhein und seine Verkehrsstellung, S. 120. Im Jahre 1587 ereignete sich ein grauen- volles Unglück bei einer versuchten Rheinüberquerung. Ein Pilger- schiff mit 115 Personen (meist aus Garns) verunglückte. Mindestens 85 Menschen ertranken. 157) Vogt. Werdenberg-Liechtenstein. S. 154. 158) LUB I. Teil, Bd. 1, S. 41 u. 43. Übersetzung aus dem lateini- schen Originaltext. 159) Schafhauser, Der Rhein und seine Verkehrsstellung, S. 120. 37
	        

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