Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

DAS ROD- UND FUHRWESEN IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / KLAUS BIEDERMANN Offenbar war bis anhin fleissig gearbeitet wor- den; denn ebenfalls im Juli 1772 konnte das Ober- amt an die Hofkanzlei in Wien melden, dass man in den letzten beiden Jahren von den geplanten 5 200 Klaftern Strassenfläche bereits 2 700 Klafter fertig- gestellt hatte.94 Das Oberamt schlug vor, für die gesamte Wegstrecke der liechtensteinischen Land- strasse fünf Wegmeister aufzustellen. Zu ihren Auf- gaben gehörte es zum Beispiel, die Strasse nach einem Regenwetter zu begutachten und dafür zu sorgen, dass das Wasser durch ausgehobene Ab- laufkanäle aufgefangen wurde. In Übereinstim- mung mit den Gepflogenheiten der österreichi- schen Nachbarschaft sollten diese Wegmeister mit 24 bis 30 Kreuzern täglich entlöhnt werden. Diese Lohnauszahlungen sollten bis zur Beendigung der Bauarbeiten getätigt werden. Für die Zeit danach sah das Oberamt die Einführung einer neuen Weg- geldordnung vor. Im Strassenbau und besonders im Unterhalt der bisherigen Strassen lag aber im Sommer 1772 noch vieles im Argen. Rentmeister Ambrosi95 schrieb am 28. Juli an Landvogt Ferdinand Johann Funker von Funkenberg96 nach Feldkirch.97 Ambrosi betonte, dass «einige Strecken» der alten Landstrasse un- verzüglich verbessert werden müssten, sofern man das Land inskünftig «glücklich» und «ungeschä- digt» zu passieren wünschte. Speziell die Fuhrleu- te, so Ambrosi, hatten bittere Klagen über die «üble Weegsame» geführt und diese «schümpflich ge- schmähet». Nur durch die Schaffung eines sicheren und «bequemlichen» Wegs könnten Zoll- und Weg- geldeinnahmen auch inskünftig gesichert werden.98 Ein weiterer Bericht vom 3. August 1772 rügt im Besonderen den Zustand der Landstrasse in Trie- sen: «So bleibt die Strecke ober dem Würthshauß" zu Trießen für beständig eine halsbrecherische Ge- gend, wann nicht allda auf Chaussee-Arth ein soli- 82) LLA RA 6/11/8: Vogtciamt Feldkirch an OA; o. D. S3) Zum Begriff «Mähne» vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 12, Sp. 1461: Der Begriff «Mähne» umriss das gesamte Fuhrwerk. Diese Deutung findet sich auch bei Frick. Mundarten. S. 182-184: «Mit Meni bezeichnete man ein Fuhrwerk ein Gespann mit einem 
oder zwei Zugtieren, also <einmähnige> oder <zweimähnige> Ge- spanne. Weiters unterschied man die drei Kategorien: Roßmeni. Sliarameiü, Kuameni.» 84) LLA RA 6/11/9: Einleitung zur Strassenbau-Ordnung von 1771. 85) 15 Batzen entsprachen einem Gulden. - Siehe auch: Anhang, Seite 142 (Geld. Masseinheiten und Gewichte). 86) LLA RA 6/11/9. 87) Ebenda. 88) LLA RA 6/11/12. 89) LLA RA 6/11/13-14: Arbeiterlisten des Jahres 1772. 90) Anton Nägele aus Triesen. 91) LLA RA 26/1/13 (1789). Vgl. auch Ausführungen zur Landwirt- schaft und Viehzucht auf S. 46-48. 92) Liechtenstein war Mitglied des Schwäbischen Kreises. 1512 wurde das Reich in zehn Kreise aufgeteilt. Im Rahmen der Reichs- verfassung hatten diese Kreise folgende Aufgaben: 1. Sicherung des Landfriedens, 2. Ausführung (Exekution) der Reichsgerichtsurteile, 3. Wahl der Beisitzer zum Reichskammergericht. 4. Aufstellung und Unterhalt des Reichsheeres sowie Aufteilung der vom Reichstag beschlossenen Militärlasten. 5. Verschiedene Aufgaben der Wirt- schaft sowie dos Steuer-, Polizei- und Wohlfahrtswesens (Schulz, Liechtenstein im Schwäbischen Kreis, S. 313). 93) LLA RA 6/11/15: Oberamtliche Klage über das Verhalten der Gemeinde Triesenberg (7. Juli 1772). 94) LLA RA 6/11/16: OA an HKW (13. Juli 1772). In Vaduz waren noch 700. in Triesen 1 200 und in Balzers 600 Klafter an der Land- strasse fertig zu stellen. In Balzers. so das Oberamt, war erst im Herbst 1771 mit den Strassenarbeiten begonnen worden. Dort war «die gantze Gemeind [genötigt] auf dem Platz zu erscheinen»; deshalb hätten sogar die Geschworenen «hinlängliche Gelegenheit», «den Erd= Bau zu erlernen». 95) Michel Franz Joseph Ambrosi war seit 1764 Rentmeister in Vaduz und erhielt in dieser Position ein Jahresgehalt von 450 Gulden. Er starb am 14. August 1785; vgl. Tschugmell. Beamte, S. 53. 96) Ferdinand Jobann Funker v. Funkenberg wurde 1771 liechten- steinischer Landvogt. Er erhielt einen Jahreslohn von 500 Gulden plus 48 Gulden Zuschlag für seine Pferde. Funker von Funkenberg starb am 8. Juni 1775; vgl.: Tschugmell, Beamte, S. 52 und: Vogt, Brücken zur Vergangenheil, S. 83. 97) Die liechtensteinischen Landvögte residierten zeitweise in Feldkirch. Das dortige «Palais Liechtenstein» befand sich von 1700 bis 1774 im Besitz der Fürsten von Liechtenstein. Die Landvögte wohnten lieber in Feldkirch als in Vaduz, weil sie in der Montfort- Stadt nicht auf die standesgomässen Annehmlichkeiten verzichten mussten; vgl.: Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 90. 98) LLA RA 6/11/1 7: Rentmeister Ambrosi an Landvogt Funker von Funkenberg in Feldkirch. 99) Gemeint ist wohl das an der Durchgangsstrasse gelegene Wirts- haus «Sonne». 27
	        

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