Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

DAS ROD- UND FUHRWESEN IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / KLAUS BIEDERMANN nicht direkt von einer neuen Strasse profitierten, sahen oft nicht ein, warum sie Fronarbeiter für eine solche Arbeit aufbieten mussten.67 DER AUSBAU DER LIECHTENSTEINISCHEN LANDSTRASSE Auch im Gebiet des heutigen Fürstentums Liech- tenstein hatten die Gemeindegenossen innerhalb ihres Gemeindegebietes Wege und Strassen im Gemeinwerk (Frondienst) unentgeltlich zu bauen und zu unterhalten. Der Unterhalt der Durchgangs- strasse war ursprünglich ein Frondienst an die Landesherrschaft, ebenso wie die Besorgung des Gütertransportes.68 Im Jahre 1593 versprach der Landvogt von Vaduz, sich für die Ausbesserung der Strassen einzusetzen.69 Eine der ältesten kartographischen Darstellun- gen, die uns Auskunft über das Verkehrsnetz im Fürstentum Liechtenstein geben, stammt aus dem Jahre 1721.70 Der Schöpfer dieser ersten Land- karte des neuen Fürstentums, der Basler Johann Jakob Heber, war damals als Geometer und Kar- tograph in Lindau tätig.71 Diese sogenannte «He- ber-Karte» differenziert nicht zwischen häufig begangenen Wegen und tatsächlich befahrbaren Strassen. So sind zum Beispiel die Fusswege nach Planken und Triesenberg72 in der Karte ebenso deutlich eingetragen wie die alte «deutsche Stras- se» von Balzers bis Schaanwald. Dieses Strassen- teilstück, seit 1719 die liechtensteinische Land- strasse, stellte noch im ausgehenden 18. Jahrhun- dert die einzige Wegstrecke dar, die (mit gutem Gewissen) als mehr oder minder befahrbar be- zeichnet werden konnte. Und dennoch gab es häu- fig Klagen über ihren schlechten Zustand.73 Weitaus detaillierter ist die von Obristleutnant Kolleffel im Jahre 1756 angefertigte Karte, die allerdings nur die dem Rheintal zugewandte Seite des Fürstentums (ohne Berggebiete) zeigt.74 Es ist aus dieser Karte ersichtlich, dass weite Teile der Landstrasse - besonders zwischen Schaan und Bal- zers - auf beiden Seiten von einer Baumallee ge- säumt waren. Diese Baumreihen waren den Zug-tieren 
als Schattenspender natürlich sehr willkom- men. Sehr schön ist auch das Rheinbett mit dem sich durchschlängelnden Strom eingezeichnet. Zwischen Triesen und Balzers ist erkennbar, wie bedrohlich nahe dort dieser Fluss an die Land- strasse herankam. Im Jahre 1750 hatte die Fürstliche Hofkanzlei in Wien verschiedene, die Reparatur und den Neubau von Strassen betreffende Bestimmungen erlassen. Einleitend stellte die Hofkanzlei fest, dass der Lan- desherr keine Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Landstrassen hätte, wenn diese zu hohe Kosten 58) Weltgeschichte. S. 257 f. 59) Wicki, Luzern im 18. Jahrhundert, S. 465. 60) Gräf/Pröve, Reisen in der Frühen Neuzeit, S. 254-256. 61) Wicki. Luzern im 18. Jahrhundert, S. 473. 62) Ebenda, S. 469 f. 63) Ebenda. Ein Deichselfuhrwerk ist ein breiterer, schwererer Wagen mit einer Deichsel, die das Nebeneinanderspannen der Zugtiere erlaubte. Er gestattete eine günstigere Gewichtsverteilung auf Achsen und Räder, so dass die Strassen auch bei schwereren Wagen weniger durch Gleisbildung ruiniert werden konnten. - Diese Wagenform setzte sich nach der Mitte des 18. Jahrhunderts allmäh- lich durch. 64) Ebenda, S. 476 f. Sempach verlor einen wesentlichen Teil seiner wirtschaftlichen Grundlage. Die Einwohnerzahl der Stadt schrumpf- te in der Folge von 1 959 Seelen im Jahre 1745 auf 1 370 Seelen im Jahre 1799. 65) Ebenda. S. 473. 66) Ebenda. S. 470. 67) Ebenda, S. 482: Wicki nennt die luzernische Gemeinde Reiden, die sich dem Frondienst für den Strassenbau widersetzte. Vgl. auch das liechtensteinische Beispiel Triesenberg. das auf Seite 26 ausführ- licher dargestellt ist. 68) Ospelt, Wirtschaftsgeschichte, S. 327. 69) LLA RA 20/3. Rodordnung von 1593, Punkt 7. 70) Abbildung der Karte bei: Fischer, Landkarte Liechtenstein, S. 172 (schwarzweiss) sowie bei: Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 72 (hier in Farbe). 71) Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 72. 72) Richtige fahrbare Strassen wurden dorthin nachweislich erst im 19. Jahrhundert errichtet; vgl.: Ospelt, Wirtschaftsgeschichte, S. 339 f. 73) Vgl. auch S. 27 zweiter Abschnitt sowie S. 32-36. 74) Abbildung der «Kolleffel-Karte» bei: Frick. Liechtenstein-Karten, S. 182. sowie in Farbe bei: Vogt. Brücken zur Vergangenheit, S. 88 f. 23
	        

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