Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

DAS ROD- UND FUHRWESEN IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / KLAUS BIEDERMANN der Stadt Feldkirch in Richtung Bludenz gehende Verkehr zuerst die Iiibrücke bei Heiligkreuz über- queren, um dann via Flohlweg, Duxweg und Letze weiter nach Frastanz zu gelangen. In den Jahren 1537 bis 1541 nahm nun die Stadt Feldkirch in der Iiischlucht eine Sprengung vor und schuf mit der Felsenaubrücke eine neue, zweite Illüberque- rung.49 Speziell das Johanniter-Kloster hatte als Grundbesitzer in Frastanz und Nenzing ein beson- deres Interesse an dieser neuen, direkten Ost- West-Verbindung.30 Um den Verkehr auf diesen neuen Strassenzug zu lenken, verbot die Stadt Feldkirch den Warentransporteuren die Benutzung der alten Strasse über die Letze.51 - Die Bündner Flerrschaft ihrerseits hatte eine gewisse Aufnahme- stellung inne für die aus dem Norden und dem Westen nach Graubünden führenden grossen Ver- kehrslinien: für die «deutsche Strasse», die vom Bodensee her über die St. Luzisteig nach Maienfeld und Chur führte, sowie für die Route von Zürich her, die sich, den Rhein mittels Fähre überquerend, in Maienfeld mit der «deutschen Strasse» verei- nigte.52 Der Bau der Tardisbrücke im Jahre 1529 schuf zwar eine feste Verkehrsverbindung zwi- schen der Eidgenossenschaft und der Bündner Herrschaft, schnitt aber die Stadt Maienfeld vom Verkehr Zürich-Chur eher etwas ab.53 - Die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ausgebauten und neu geschaffenen Verkehrswege blieben in dieser Form die folgenden zweihundert Jahre ziemlich unverändert bestehen. Erst der nächste Modernisierungsschub in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bewirkte einen weiteren Ausbau des Strassennetzes. INTERNATIONALER AUFSCHWUNG DES STRASSENBAUS IM 18. JAHRHUNDERT Noch bis ins 18. Jahrhundert waren viele alte Han- delsstrassen nichts anderes als durch häufige Be- nutzung festgetretene und festgefahrene Naturwe- ge, die keinen soliden Unterbau aufwiesen. Stras- sen wurden bevorzugt dort gebaut, wo das Wasser nach starkem Regen leicht abfliessen konnte. Dafür 
mussten oft starke Steigungen in Kauf genommen werden.54 Zudem befand sich noch um 1700 gera- de auch das schweizerische Strassennetz in einem sehr vernachlässigten Zustand. Es fehlte in erster Linie an einer fachmännischen Anleitung zum Strassenunterhalt.55 Bei Regenwetter verwandelten sich die Strassen in schwer passierbare Sumpfpfüt- zen, bei anhaltender Trockenheit lagerte sich auf ihnen eine dicke Staubschicht ab. Ausserdem hemmten grosse Löcher und Steinbrocken den Weg.50 Doch noch mehr als witterungsbedingte Ein- flüsse waren es zu schwer beladene Wagen, die eine Strasse in Mitleidenschaft zu ziehen vermoch- ten. Speziell im Falle der Hauptstrasse Basel-Lu- zern waren es umfangreiche Weinimporte aus dem Elsass, welche eine Belastungsprobe darstellten. Die noch im 18. Jahrhundert üblichen Gabelfuhr- werke, bei denen die Pferde in einer Reihe hinter- einander gekoppelt waren, traten bei nassem Wet- ter tiefe Furchen in die Strassenmitte. In diesen tiefen Karrengleisen kamen Wagen und Zugtiere leicht zu Fall. Achsen- und Radbrüche waren eben- so häufig.57 49) Tiefenthaler. Feldkirch und sein Verkehr, S. 281. Steinbrecher Martin Bitschi aus Davos baute die Strasse, Zimmermeister Valentin Schmid aus Schwarzenberg die Brücke. Diese gedeckte Holzbrücke überlebte bis um 1872, als im Zuge des Eisenbahnbaus eine neue Brücke erbaut wurde. 50) Ebenda. Die Johanniter spendeten deshalb 60 fl. für den Brückenbau. Insgesamt beliefen sich die Kosten für den Bau von Strasse und Brücke aber auf 8 000 11. 51) Ebenda. 52) Poeschel. Graubünden Bd. 2, S. 1. 53) Vgl. Karte auf der gegenüberliegenden Seite. 54) Wicki. Luzern im 18. Jahrhundert, S. 465. 55) Ebenda, S. 467. 56) Ebenda. 57) Ebenda, S. 468 f.: Ein Gabelfuhrwerk war ein schmaler, mit einer gabelförmigen Vorrichtung zum Anschirren des Zugtieres versehener Wagen. Gabelführwerke hatten schmale Wagenbrücken und schmale Spurbreiten. Im Falle einer zu hohen Ladung konnten sie leicht umkippen. Bei einem solchen Fuhrwerk mit zwei Pferden lief das hintere Pferd in der Wagengabel, das vordere war indes mit Ketten oder Lederriemcn an die Gabel gespannt. 21
	        

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