Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

alles[;] Wein, Fleisch, Käs, Schmalz, Schweine, viel Vieh».741 Aus den soeben genannten Ortschaften mussten zusätzlich 64 Pferde an die Schweiz ab- gegeben werden.742 Dies war für die Bauern ein harter Schlag, kostete doch ein Pferd rund 350 Gulden, was damals einem Jahresgehalt eines Bauern, Tagelöhners oder Kleingewerbetreibenden entsprach.743 Nach einer militärischen Niederlage in der Schweiz strömten im Herbst 1799 viele österreichische und russische Soldaten ausgehun- gert und demoralisiert in Richtung Rheintal. Der russische Feldmarschall Suworow erreichte am 11. Oktober 1799 mit rund 15 000 Mann Balzers.744 Das österreichische Generalkommando wies das Oberamt sogleich an, 700 Zentner Heu für das Nachtlager der Soldaten und als Pferdefutter zu lie- fern.745 Dem Feldmarschall und zwanzig weiteren Generälen mussten Unterkünfte in Privathäusern bereitgestellt und Verpflegung verabreicht werden. Die russischen Truppen blieben jedoch nur eine Nacht lang in Balzers.745 Bis zum erneuten franzö- sischen Einfall im Sommer 1800 blieb Liechten- stein von den kaiserlichen Truppen besetzt.747 Die einheimischen Bauern mussten sowohl für die kaiserlichen wie auch für die französischen Sol- daten Fuhren verrichten. Allein in Balzers waren im Zeitraum März 1799 bis Ende März 1801 insge- samt 69 Fuhrleute im Einsatz.748 Sie unternahmen total 3 483 Fahrten, davon 2 802 für die Kaiser- lichen und nur 681 für die Franzosen.749 Die Trans- porte für die Österreicher betrafen in erster Linie die Strecken von Balzers über die St. Luzisteig bis Maienfeld sowie von Balzers nach Feldkirch. Für die Franzosen waren die Balzner Fuhrleute weitge- hend auf denselben Strecken unterwegs, allerdings hatte hier auch die Route über die Trübbacher Rheinfähre eine gewisse Bedeutung.750 Der Esch- ner Chronist Johann Georg Heibert notierte als Zeitzeuge, dass damals allein über die St. Luzisteig täglich 20 bis 40 Wagen verkehrten, um die ein- quartierten Truppen mit Mehl, Heu, Haber und Holz zu versehen.751 Im Zusammenhang mit diesen Transporten verdient es eine merkwürdige Bege- benheit, hier notiert zu werden: Im Jahre 1801 be- klagte sich der Balzner Pfarrer Johann Joseph 
Mähr, dass alle Katholiken, die im Maienfelder Spi- tal starben, nach Balzers zur Beerdigung geliefert wurden, obwohl sie nicht hierher gehörten; «der minderen Kosten wegen wurden die Leichen ein- fach den Balzner Fuhrleuten, die von der Kornfuh- re heimkehrten, aufgeladen, was für die Gemeinde eine ungerechte Belastung war».752 Insgesamt beklagten 62 Balzner Haushalte für den Zeitraum September 1799 bis Januar 1803 Kriegserlittenheiten in der Höhe von total 32 448 Gulden.753 Die höchsten Auslagen für Truppen- einquartierungen hatten dabei Adlerwirt Joseph Anton Brunhart (2165 fl.) sowie der ehemalige Hirschenwirt Joseph Frick (1638 fl.).754 Die in den Jahren 1799 und 1800 sehr niedrigen Zoll- und Weggeldeinnahmen deuten darauf hin, dass das Militärfuhrwesen von diesen Abgaben befreit war.755 Trotz einer Typhusepidemie kam 1801 erstmals wieder Hoffnung auf; «politisch durch den Frieden von Luneville und sehr lokal durch eine gute Wein- und Getreideernte».756 An eine Wiederherstellung der alten Rodordnung konnte indes nicht mehr ge- dacht werden. Zuviel war seither geschehen, was dem im Wege stand. Anlässlich einer 1804 statt- findenden Konferenz war Landvogt Menzinger aber bereit, für eine lokale Lösung zu kämpfen, die den liechtensteinischen Bedürfnissen möglichst ge- recht werden sollte.757 Da die Liechtensteiner Fuhr- leute seit über drei Jahren überhaupt keine Mög- lichkeit mehr hatten, Kaufmannsgüter oder Stück- waren zu transportieren, und diese auch im Korn- und Salztransit kaum noch einen Verdienst hatten, dachte Menzinger laut über eine neue Rodordnung nach. Diese sollte die endgültige Trennung Liech- tensteins von Österreich im Rodfuhrwesen bewir- ken. Menzinger dachte - nichts Neues - an die Er- richtung einer Abladestation in Schaanwald oder in Nendeln.758 Dadurch erhielten die liechtenstei- nischen Fuhrleute zwar «nicht den vierten Theil» ihres einstigen Verdienstes im Fuhrwesen, aber sie wollten «gerne mit dem zufrieden seyn, wenn sie wenigst das Wenige gewies [hätten]».759 - Die Kon- ferenz von 1804 war offenbar ein Misserfolg; denn der Landvogt berichtete später der Hofkanzlei in 134
	        

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