Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

Nendeln.710 Dieser Forderung wurde schliesslich ein knappes Jahr später nachgegeben.711 Konflikte in Zusammenhang mit dem Fuhrwe- sen ergaben sich auch bei der Benützung der Rheinfähre Schaan-Burgerau; denn österreichi- sche Fuhrleute wechselten dort bei Schaan auf die linksrheinische Route und sie umgingen dadurch die Benützung eines wichtigen Abschnitts der Liechtensteiner Landstrasse. Wirte und Fuhrleute der Oberländer Gemeinden wurden um einen Teil ihres Verdienstes gebracht. Den Behörden in Vaduz war der von Schweizer Seite eingerichtete Fährbe- trieb Burgerau ebenfalls ein Dorn im Auge. Bereits im Jahre 1790 gingen erste Protestschreiben sei- tens der Gemeinden ein. Im Juli 1790 beschwerte sich die Gemeinde Schaan über den Kornhändler Baptist Kienz aus Lauterach, welcher Früchte schickte und diese über die Schaaner Au an die Werdenberger Überfahrt führen liess. Dadurch wurden die Auen ruiniert, der Waidgang erlitt Schaden, und zusätzlich verloren die Einheimi- schen ihren Verdienst im Fuhrwesen.712 Ein weite- res Schreiben in dieser Angelegenheit wies darauf hin, dass sich besagter Baptist Kienz angemasst hatte, über die Schaaner «Allgemeind bis hin zur Werdenberger Rheinfahrt eine neue Strasse zu machen».713 1793, als die Eidgenossen der Fähre Burgerau-Schaan dieselben Rechte einräumten wie den Rheinübergängen bei Trübbach und Ben- dern, richtete das Land Liechtenstein ein Protest- schreiben an die Adresse des Werdenberger Land- vogts. Im Namen der Landammänner und Richter der Landschaften Vaduz und Schellenberg ersuchte das Oberamt die Schweizer (vergeblich) davon zu überzeugen, dass es das Beste wäre, die Schifffahrt im bisherigen alten Zustand zu belassen.714 Aus der Werdenberger Hoffnung auf einen gros- sen Warenverkehr über die neue Rheinfähre wurde jedoch vorerst nichts. Internationale Ereignisse warfen ihre Schatten und hatten auch starke Aus- wirkungen auf den Handelsverkehr. Am 22. März 1792 hatte der habsburgische Kaiserstaat dem revolutionären Frankreich den Krieg erklärt. So- gleich erliess Österreich eine Sperre des Vieh- und Naturalienhandels gegen die mit Frankreich in 
engen Handelsbeziehungen stehenden Länder Schweiz und Graubünden.715 Liechtenstein, im Schatten der Habsburgischen Übermacht stehend, musste diesen Handelsboykott mittragen. Peter Kaiser berichtet über die damalige Situation wie folgt: «Im Fürstenthum Liechtenstein wurden im Jahr öffentliche Gebete für die Wohlfahrt des hl. römischen Reiches angeordnet. Gegen die Schweiz wurde im Jahr 1794 gesperrt und Wachten an un- serer Landesgrenze aufgestellt».716 Diese Handels- sperre bewirkte ein Aufleben der Schmuggeltätig- keit, besonders zwischen Vorarlberg und Graubün- den, bedeutete aber auch für die gesamte Region einen Wegfall einer wichtigen Einnahmequelle und ein Absinken in noch tiefere Armut.717 Im Grenz- verkehr zwischen Liechtenstein und Graubünden (bzw. der Schweiz) kam es jedoch nicht zur Errich- tung eines «eisernen Vorhangs» und der Waren- austausch konnte - in etwas reduziertem Umfang - auch nach 1794 aufrecht erhalten werden.718 Das Volumen des Güterverkehrs über die Fähre nach Burgerau dürfte noch im ersten Halbjahr 1794 etwas unter zehn Prozent der Warenmenge betra- gen haben, die im selben Zeitraum auf der Land- strasse von Feldkirch nach Balzers ging.719 Um diesen Warenzug nach Burgerau gänzlich zu un- terbinden, befahl das Oberamt im Dezember 1794 dem Hausmeister in Schaan, die Benützung dieses Rheinübergangs zu verbieten.720 Ebenfalls Ende 1794 sandte das Oberamt der Flofkanzlei in Wien einen ausführlichen Bericht «zur Lage der Nation». Nebst Schilderungen der Zustände im Rodwesen enthält dieses Schreiben eine ausführliche Beschreibung der kurz vor Weih- nachten erfolgten Einquartierung von kaiserlichen Truppen in Liechtenstein. Daraus entstandene Pro- bleme - diese Truppenstationierung war überaus unpopulär - werden lebhaft dargestellt. Dieses Ereignis ist in erster Linie dem Bereich der Militär- geschichte zuzuordnen. Es hatte aber durchaus Auswirkungen auf Gewerbe und Handel, da diese Truppen eigentlich die Einhaltung der Handels- sperre überwachen sollten. Der Kommandant dieser aus dem Banat stammenden Soldaten hatte auch eine Instruktion bei sich, die den Handel mit 130
	        

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