Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

DAS ROD- UND FUHRWESEN IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / KLAUS BIEDERMANN sehen. Zwei weitere, jedoch etwas weniger ausge- prägte Tiefs der Umgelderträge sind in den Krisen- und Hungerjahren um 1817 sowie 1846 und 1847 festzustellen. Es ist schwierig, genaue Aussagen zur Wechselwirkung zwischen Ausschankpreisen und den Umgelderträgen zu machen; denn hohe (tiefe) Weinpreise stellten keinesfalls eine Garantie für eine hohe (tiefe) Umgeldsumme dar. Im Jahre 1801 stieg zwar der Ausschankpreis (des Weiss- weins) ebenso deutlich wie die Umgeldsumme,527 aber oft ist eine gegensätzliche Tendenz erkennbar. Zum Beispiel 1817 kletterte der Weissweinpreis in bisher nicht erreichte Höhen, während der Um- geldbetrag sich in einem Tief befand. Zwar liegt sowohl für 1801 wie auch für 1817 keine Preisan- gabe für den Ausschankpreis des Rotweines vor, aber das ist für unsere Betrachtung kaum relevant, da - wie die Zahlen im Anhang auf S. 154 ersicht- lich machen - die Preisentwicklung für beide Wein- arten ähnlich verlief. Die Einziehung des Umgeldes als Konsumsteuer auf alkoholische Getränke war natürlich keine liechtensteinische Erfindung, sondern war auch andernorts durchaus üblich. So verpflichtete zum Beispiel bereits das älteste Ratsbüchlein der Stadt Luzern vom frühen 14. Jahrhundert die Wirte zur Bezahlung des Umgeldes vom ausgeschenkten Wein.528 Luzern führte im Jahre 1394 noch zusätz- lich den «Böspfennig» ein, einen Importzoll auf Wein. Diese neue Abgabe wurde dann 1416 auch von der Landschaft Luzern eingeführt, dort aller- dings als Konsumsteuer (Umgeld). Der Name «Böspfennig» ist ein Hinweis darauf, dass diese zusätzliche Steuer im Volk unbeliebt war.529 Ab dem frühen 17. Jahrhundert wurde, einem gesamt- eidgenössischen Trend folgend, altes lokales Recht zunehmend durch ein einheitliches obrigkeitliches Recht verdrängt. So galt ab 1632/33 für den ganzen Stand Luzern der (bisher nur) in der Stadt herrschende Einheitstarif für die Umgeldzahlun- gen. Zusätzlich wurde das Umgeld auch vom ausgeschenkten Most bezogen.530 Ab Mitte des 18. Jahrhunderts verlangte Luzern auch Umgelder aus dem Branntweinausschank.531 
516) Ebenda. 517) Ebenda 518) Ebenda. Diese Bestimmungen von 1732 blieben bis zur Verab- schiedung einer neuen Polizeiordnung im Jahre 1843 in Kraft. Die neue Ordnung von 1843 enthielt viele zusätzliche Bestimmungen, verlängerte aber auch die Öffnungszeiten für die Winterszeit (Martini bis Georgi) bis 23 Uhr für Wirtshäuser (bis 22 Uhr für Schenken), für die Sommerzeit (Georgi bis Martini) bis 24 Uhr (respektive 23 Uhr). Vgl.: Ospelt. Wirtschaftsgeschichte, S. 244. 519) Ospelt. Wirtschaftsgeschichte, S. 243 u. S. 405. 520) Ebenda. S. 405, LBS. S. 202 ff. sowie LUB I. Teil, Bd. 4, S. 346. Betreffend Geld- und Masseinheiten siehe Anhang auf S. 142. 521) LBS. S. 209. 522) Ospelt. Wirtschaftsgeschichte, S. 406. Dieser Durchschnittspreis diente wiederum als Steuerfuss für die Umgeldberechnungen. Zur Überprüfung der Weinqualität wurde jeder Wirt vor das Rentamt geladen. 523) LLA Rechnungsbücher des Rentamts. Früher waren die Um- geldeinnahmen u. a. für die Auszahlung fürstlicher Beamter verwen- det worden. Peter Kaiser erwähnte für das 17. Jahrhundert, dass der Landvogt sein Gehalt teilweise aus dem Umgelderlös bezog. So stand dem Landvogt der vierte Teil des Umgeldes zu (Kaiser, Arthur Brunhart, S. 474). 524) Ospelt. Wirtschaftsgeschichte. S. 243 u. S. 406. 525) Vgl. Anhang auf S. 155 sowie auf S. 156-162. 526) Vgl. auch Ospelt, Wirtschaftsgeschichte. S. 1 57: «Der landwirt- schaftliche Boden des Landes war grösstenteils extensiv genutzt, ernährte alle Bewohner. Noch in den 70er Jahren des 18. Jahrhun- derts (177 1/72), als in den umliegenden Orten Not herrschte, waren die Liechtensteiner in keine Bedrängnis geraten, ja sie hatten <annoch an Auswärtige verkaufen können).» (Ospelt zitiert aus der Landesbeschreibung Fritz von 1784.) 527) Der Anstieg des Ausschankpreises stand vermutlich in einem Zusammenhang mit der (teils kriegsbedingten) Missernte des Jahres 1800: «Der Wein wurde in keinem Jahr so häufig angeschossen, er wurde aber wegen dem Wetter allseits verdorben, und was noch übrig blieb, wurde gar nicht reif». - Vgl. Heibert, S. 121. 528) Körner. Luzerner Staatsfinanzen, S. 26 u. S. 131. 529) Ebenda. S. 27 u. S. 131 f. 530) Ebenda. S. 133. 531) Ebenda. S. 131 u. Wicki, Luzern im 18. Jahrhundert. S. 429 ff. - Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts war in Luzern der Brannt- wein-Ausschank verboten. Der illegale Verkauf und Genuss von gebrannten Wassern nahm jedoch stetig zu. Die Behörden räumten schliesslich ein, dass «das leuteverderbende Übel des Branntwein- trinkens» nicht mehr auszurotten sei. legalisierten 1745 den bisher illegalen Zustand und nutzen ihn folglich für fiskalische Zwecke aus. 99
	        

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