«... PFLANZT GÄRTEN AN UND ESST IHRE FRUCHT ...» ULRIKE MAYR DIE HERREN VON SCHELLENBERG Die untere Burgruine in Schellenberg liegt auf einer Hügelkuppe in 595 m. ü. M. direkt am westlichen Steilabhang des Eschnerberges gegen das Rheintal. Heute sind noch die unteren Mauerpartien des Bergfrieds, der Ringmauer mit den daran angebau- ten Räumen und das westlich davon gelegene Vor- werk im Gelände erkennbar. Im Zuge der letzten Renovierungsarbeiten ist in der Südecke der Anlage, wo während der Grabung eine Ofenstelle nachgewiesen werden konnte, ein Backofen nach- gebaut worden. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts scheint der Name der LIerren von Schellenberg das erste Mal in Urkunden unserer Gegend auf.2 Das Geschlecht dürfte während der Stauferzeit (1138-1268) zur Sicherung der Alpenroute durch das Rheintal aus Oberbayern auf den Eschnerberg versetzt worden sein. Es hat den beiden Burgen auf dem Eschner- berg ihren Namen gegeben. Das älteste Gebäude im Bereich der «Unteren Burg» wurde um die Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet. 1317 verkaufte Marquard von Schellen- berg seinen Besitz am Eschnerberg an die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg. Mit dem Verkauf des Patronatsrechtes der Kirche in Mauren an den Ammann zu Feldkirch3 im Jahre 1318 verschwindet der Name der Herren von Schellenberg aus den hiesigen Urkunden und taucht dafür vermehrt in Urkunden im vorarlbergischen und schwäbisch- bayrischen Raum auf. Die erste urkundliche Nennung der «Unteren Burg» geht in das Jahr 1364 zurück.4 Im 14. Jahr- hundert erfolgte wahrscheinlich unter den Meiern von Altstätten, Vögte der Grafen von Werdenberg- Heiligenberg auf Schellenberg, der Aus- und Umbau der Burganlage. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts befand sich die Burg im Besitz der Grafen von Mont- fort-Tettnang.5 Während der Grabung Hessen sich keine Indizien dafür erbringen, dass im Appenzeller Krieg von 1405 diese Burg gebrandschatzt wurde, wie es etwa Peter Kaiser in seiner «Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein» von 1847 berichtet.6 1434 fällte Kaiser Sigismund nach Familienstreitig-keiten
den Schiedsspruch, dass die Herrschaft Schellenberg in den Besitz des Freiherrn Wolfhart I. von Brandis übergehen solle. Die «Untere Burg» dürfte nach den Funden bis ins 15. Jahrhundert bewohnt gewesen sein.7 Zu Beginn des 16. Jahr- hunderts gelangte die Herrschaft Schellenberg in den Besitz der Grafen von Sulz, die sie 1613 an die Grafen von Hohenems verkauften. Um 1616 werden beide Schellenberger Burgen in der Emser Chronik als «zerbrochen»8 bezeichnet. 1699 legte der Erwerb der Herrschaft Schellen- berg durch die Fürsten von Liechtenstein den Grundstein für den heutigen Staat Liechtenstein. 1956 übergab Fürst Franz Josef die beiden Ruinen als Schenkung dem Historischen Verein für das Für- stentum Liechtenstein. 1) Jeremia 29,5. 2) Das erste Mal wird um zirka 1200 ein Albertus ä Scellenberch im Verzeichnis des Klosters Pfäfers erwähnt - LUB 1/1, S. 66; 1220 sind als Domherren in Chur ein Heinrich und ein Konrad von Schellen- berg genannt - LUB 1/1. S. 82. 3) Durch Heinrich von Schellenberg - LUB 1/3, S. 40. 4) LUB 1/1, S. 245 «Vnd ward dirr brief ze der Nüwen Schellenberg gegeben». - In der Urkunde vermacht Walther, Meier von Altstetten, seine Leibeigene Annen Rütnerinen dem Kapitel St. Luzi in Chur. 5) Graf Albrecht von Werdenberg-Bludenz verkaufte am 31. Oktober 1412 die beiden Burgen Alt- und Neuschellenberg mit den dazu- gehörigen Leuten, Gütern und Rechten an den Grafen Wilhelm von Montfort-Tettnang. Vgl. LUB 1/3. S. 111-117. 6) Peter Kaiser, S. 244. 7) So befinden sich unter den Funden zwei Münzen, die in die 1. Hälfte des 15. Jh. datieren - ein Pfennig der Stadt Ravensburg (1. Viertel 15. Jh., Archäologie FL, Inv. Nr. K 0816/0002) und ein Pfennig Jakobs L, Markgraf von Baden (1431-1453. Archäologie FL, Inv. Nr. K 0816/0003) - siehe: Zach (1994), S. 236. 8) Emser Chronik, S. 67. 255