Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

liess ihr Haus leerstehen. Im Jahr 1681 und im April 1682 wurde sie jedoch von zwei Musketieren aus der Herr- schaft Schellenberg zweimal in 
ihr ödes haus zurück- geführt. Nach der Aufhebung ihres Todesurteils wurde der Vaduzer Obrigkeit angeordnet, die konfiszierten 234 Gulden und 30 Kreuzer zurückzuerstatten. KATHARINA GASSNERIN, GEBÜRTIG VOM TRIESENBERG, EHEFRAU CHRISTOPH GASSNERS ZU TRIESEN (SRg, fol. 152a-155b; VLA, HoA 76,17 Liste v. 1682, S. 9 u. 11; Welz 1, S. 48 u. 57; Tübinger Rechtsgutachten) Als über Katharina Gassnerin am 13. Jänner 1679 inqui- riert wurde, war sie etwas über dreissig Jahre alt und hatte vier Kinder. Ihr Vater und ihre Mutter waren wegen Hexerei übel beschreyet, verschiedene Blutsverwandte deshalb auch verbrannt worden. Der erste Zeuge bei der Inquisition war Hans Kindle, ein Sohn Leonhards. Er gab zu Protokoll, dass die Gassnerin an einem Sonntag sein etwa zwei Monate altes Kind, das über alle müssen bißdahin fromb, ruheig und still gewe- sen war 
und bey seiner muetter mülch und gewöhnlichem müeßlin zuesehen begehrt hatte, zusehen begehrt, selbes aufgenommen und gelobt haben solle. Sie 
sagte-. Ey, wie habt ihr doch so ein frommes kündt, aber ich förchte, eß werde nicht lang wehren, dan dergleichen künder können sich unvermuethlich verenderen und bald gueth, bald böß sein. Am nächsten Tag, an einem Montag im Spätherbst, sei die Gassnerin etwa zwischen neun und zehn Uhr abends noch zu seinem Haus gekommen und habe unge- stüm an der verschlossenen Tür geklopft. Auf die Frage, was sie so spät noch wolle, antwortete 
sie, eß thüe ihr noth, dan ihr söhn einen bösen fueß habe und grossen schmerzen leide. Sie wollte deshalb zu Fridli Nigg, der in der oberen Stube von Kindles Haus wohnte. Er war zwar ein Metzger, «ging» aber - wie es hiess - mit «Arznei» «um», ohne dass man 
wusste, woher er die wissenschafft habe, ausser daß er selbsten malae famae war. Die Frau Kindles wies sie daraufhin zu Nigg hinauf. Davor jedoch wollte die Gassnerin in die Stube der Familie Kindle kom- men. Dort sass sie eine Weile bei dem schlafenden Kind und lobte es wieder mit ähnlichen Worten, ohne dass sie es berührte. Überraschenderweise verliess die Gassnerin' nach einer Weile das Haus, ohne weiter nach Nigg zu ver- langen. Am nächsten Morgen habe dann das Kind die Mutter- brust mit hartem geschrey nicht mehr annemmen wollen, sich zwar feündtlich und lustig, doch nicht sogar alß zuvor, erzeigendt. Zuerst glaubten die Eltern an eine 
natürliche Unpässlichkeit, am Abend jedoch schon an ein beygefüegt maleficium, und zwar von der Gassnerin. Kindle wandte sich in dieser Sache an den Pfarrer von Kriss um geistliche Hilfe. Dieser gab ihm einen Benedic- tus-Pfennig, den sich die Mutter umhängte. Auf des Pfar- rers Anordnung hin wurde auch das Kinderbett durch- sucht. Dort fand 
sich im deckhbethlin etwas in länge eines guethen mannsfüngers, gleich einein gefetschten kündlin voller haar und schwarzlechten federlin und dan ferners im unterbettlin eben dergleichen ungewöhnliche federlin, da es doch sonst ganz keine feder in sich begriffen habe. Durch die Wirkung des Benedictus-Pfennigs sei das Kind so weit gebracht worden, dass es wieder ein wenig saug- te, aber rechte Besserung stellte sich nicht ein. Nach drei Monaten, die das 
Kleine in solchem jamerstand zuege- bracht hatten, gelang es endlich mit Hilfe der Kapuziner, den Zustand des armen Kindes zu stabilisieren. Verwundert war Kindle, als er sich über den Zustand des Sohnes der Gassnerin an jenem Abend, als sie Fridli Nigg sprechen wollte, bei zwei Frauen erkundigte, die da- mals bei ihr auf Besuch gewesen waren. Sie lächelten und meinten, es were nirgendts so böß gewesen, er habe sich zwar in etwas geclagt, aber darbey noch immerzue pfeif- fen können. Die Gassnerin sei erst nach elf Uhr nachts wieder heimgekommen. Soviel Kindle erfahren konnte, habe sie 
noch in einem verdächtigen andern hauß sich auffgehallen, nemblich in Jacob Schurtins, welcher zwar eines erträglichen, seine fraw aber eines von der hexerey desto üblem rueffs seye. Weiters erklärte Sebastian Beck, die Gassnerin habe zu seiner Frau 
gesagt: Dein mann hat mir meine mutter ver- than, aber ich will ihme noch wohl eine leze laßen, und zwar zur zeit, wann er nicht daran gedenckhen wirdt. Im Rechtsgutachten vom März 1679 sprach sich Dr. Welz für die Gefangennahme und Folterung der Gassne- rin aus, wozu es aber wie bei vielen anderen Personen nicht mehr kam. Sie wurde erst am 26. November 1680 von fünf Männern gefangengenommen. (Darunter befanden sich der Alt- Ammann und Gerichtsmann Hans Negele aus Triesen- berg.) Diese hatten die Gassnerin nicht daheim bei ihrem Ehemann vorgefunden, sondern drei Stunden vor Tag auf dem Triesenberg etwa eine halbe Stunde weit von ihrem Haus bei Michael Hilbi. Schon früher, als man den einen oder anderen eingezogen hatte - und besonders nach dem Ende des ersten Schellenberger Prozesses, 
als daß grümmel gegangen, man werde gleich dar auff zue Triesen wider anfangen -, habe sie sich mitunter drei oder vier Nächte lang nicht bei ihrem Mann, sondern 
an unge- wöhnlichen öhrteren aufgehalten, weil sie sich zurecht vor einer Gefangennahme fürchtete. 182
	        

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