Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

Dort war inzwischen der Chefrestaurator vom Kunsthistorischen Museum Wien, Josef Hajsinek, eingetroffen (wenigstens ein Mensch, mit dem man sprechen konnte!). Die Knappen hatten brav gear- beitet. Die Bilder waren, wie ich vor meiner Weiter- fahrt nach Gaming veranlasst hatte, zur Gänze aus dem Bergwerk herausgebracht und inzwischen in dem von mir gemieteten Schuppen deponiert wor- den, der an der Strasse stand. Meine Kisten, die ich aus Vaduz mitgebracht hatte, waren während der Nacht, in der ich in Gaming zu tun hatte, im Freien stehen gelassen worden. Es hatte geregnet und sie waren weitgehend durchnässt. Ich liess sie, so gut es ging, an einem Ofen trocknen, und wir beluden nun die beiden Wagen. Es dauerte den ganzen Tag. Abends zogen wir über die Dächer unserer Wägen zwei grosse Liechtenstein-Fahnen und fuhren um 18 Uhr mit den beiden Autos ab. Bald nachher gab es einige Pneudefekte zu reparieren, und wieder ratterten wir Stunde um Stunde durch die Nacht. Einige Flaschen Schnaps und Wein munterten uns von Zeit zu Zeit auf, recht schlimm war die Fahrt auf der Autobahn, da diese Strasse ungemein ein- schläfernd wirkte. Da war es notwendig, die Unter- haltung nicht einschlafen zu lassen, da sonst der Fahrer eingeschlafen wäre. Nachts machten wir eine Schlafpause, auf die die Schofföre drängten. Viel kam dabei nicht her- aus, da wir wegen der vollbeladenen Wagen nur sitzen konnten und so fuhren wir nach dreiviertel Stunden wieder weiter. Am späten Vormittag, als wir gegen Memmingen kamen, fing ich im Rund- funk eine Meldung auf über Einflug feindlicher Fliegerverbände nach Südwestdeutschland. In einem Wald stellten wir die Wägen auf Seitensträss- chen, getrennt voneinander, ein. Die Dächer und Fenster bedeckten wir mit Ästen und warteten ab. In grosser Höhe sichteten wir einen Verband von Fliegern, hörten dann Abwehrfeuer aus der Nähe und Bombeneinschläge, die aber recht weit weg waren. Ein einzelnes Flugzeug löste sich vom Ver- band und kam auf uns nieder, flog aber weiter, da es uns wohl nicht bemerkte, dann hörten wir Bord- waffen. Die Fahrer schliefen, ich sass auf einer kleinen Waldwiese, blickte über das wellige Land 
des Allgäus und dachte an zuhause, wo meine Lie- ben wohl immer noch auf mich warteten. Der Fürst hatte mir versprochen, mir gleich nach Erledigung des Transportes ein Personenauto zur Verfügung zu stellen, damit ich meine Familie noch holen könnte. Jetzt erkannte ich, dass es wohl auch dazu zu spät werden würde. Lange noch sassen wir im sonnigen Wald auf den Baumstrünken und warte- ten. Gegen 15 Uhr 40 wurde der Abflug des Ver- bandes aus Deutschland gemeldet und wir setzten unsere Reise fort. Am Karsamstag, 31. März 1945, abends um 19 Uhr 20 trafen wir beim Strassenzollamt Feldkirch- Tisis ein. In der kürzesten Zeit zeigte es sich, dass das deutsche Zollamt bereits über unseren Trans- port unterrichtet war und ihn nicht durchliess. Meine Schofföre wollten aber zu Ostern daheim sein, und ich hatte es ihnen versprochen. So stell- ten wir die beladenen Wagen hart an der Grenz- linie, die damals mit Stacheldrahtverhauen ge- schützt war, ab. Ich forderte von Vaduz Polizisten an, die die Wagen über die Feiertage bewachen sollten, wir telefonierten um ein Taxi und fuhren nach Liechtenstein. Ostersonntag und Montag berichtete ich dem Fürsten über die durchgeführten Transporte und meine weiteren Pläne. Ich sah ein, dass ich mit den Bildern nicht über die Grenze käme, da die deut- schen Zollbehörden dahin informiert waren, den Transport keinesfalls durchzulassen. Ich musste vorerst einmal nach der Insel Reichenau fahren, von dort würde man sehen, wie es weiterging. Ostermontag abends traf ich meine Schofföre wie- der an der Grenze und wir fuhren um 19 Uhr ab in Richtung Reichenau. In diesem Grenzgebiet war die Strasse voll von Streifen der Feldgendarmerie, immer wieder wurde man angehalten, musste Aus- kunft geben über Ladung und Fahrziel. Für mich, der ich meiner Einberufung nicht Folge geleistet hatte, waren das immer recht unangenehme Mo- mente. Wir fuhren über Meersburg und Radolfzell. Vom Festland führt auf die Insel Reichenau ein Damm, der in eine Brücke einmündet. Als wir in der Nacht über diese Brücke kamen, sah ich dort zirka zehn 42
	        

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