Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

unternehmen könne. Wir entschlossen uns aber doch, die Möbelwagen einmal zu beladen und woll- ten dann sehen, wie die Sache weiterginge. Noch vormittags wanderten wir nach Moosham und stellten fest, dass jene zirka 1200 Meter lange Waldstrasse, die die Burg mit der Reichsstrasse verbindet, so tief verschneit war, dass ein Trans- port ausgeschlossen ist. Nach Mauterndorf zurückgekehrt, besprach ich die Räumung der Burg mit Steinlechner, der mir nach Kräften an die Hand ging. Ich konnte für uns einen Schneepflug beschaffen für den nächsten Tag und ich bekam auch Hilfskräfte zum Beladen. Diese Helfer bekamen wir aus einem Reichsarbeits- dienstlager in der Nähe der Burg, wo wir Besuch machten und wo man uns gut entgegenkam. In Moosham musste ich leider feststellen, dass meine dort im Burgverliess deponierte Weinreserve weg war. Ich hatte diesen Wein für die Hilfskräfte mitge- nommen, da man damals mit Spirituosen noch recht viel erreichen konnte. Vier Kisten voll Felds- berger Weines hatte ich im Herbst im Burgverliess versteckt, die waren aber bei der grossen Kälte auf- gefroren und so den Schlossbewohnern aufgefal- len. So hatten sie meinen schönen Wein bis auf einen kleinen Rest ausgetrunken. Abends kamen noch zwei Möbelwagen in Mau- terndorf an. Dann erschien Steinlechner und teilte uns mit, dass der Schneepflug nicht um sieben, sondern erst um 9 Uhr morgens beginnen könne. Auch der angeforderte Zollbeamte käme nicht. Nachmittags hatte es zu schneien begonnen, und als wir am 31. Jänner früh aufwachten, schneite es noch immer weiter. Schon erschien auch Steinlechner mit der Nachricht, der Schnee- pflug der Reichsstrassenverwaltung dürfe privat nicht verwendet werden, da er für die Freihaltung des Tauernpasses benötigt würde. Ich telefonierte darauf nach Radstadt mit dem Strassenmeister, von dem ich erfuhr, er habe nur einen Schmal- pflug; er dürfe es nicht riskieren, ihn auf einer Pri- vatarbeit etwa zu beschädigen. Für heute sei er übrigens schon mit Arbeit versehen. Meinen Vor- schlag, ich würde den nötigen Brennstoff ersetzen, entgegnet er, das Gerät sei überhaupt nicht zu er-setzen, 
wenn es beschädigt würde. Mein Vor- schlag, mir Schneeschaufler zur Verfügung zu stellen, wurde wegen Personalmangel abgelehnt. Als letzten Ausweg nahm ich Leute vom Reichs- arbeitsdienst, die uns den Waldweg ausschaufeln sollen. Das bedeutete allerdings ziemlichen Zeit- verlust. Am 31. Jänner um die Mittagszeit kam der Zoll- beamte, mit dem ich eine lange Unterredung wegen der Abfertigung der einzelnen Transporte hatte. Er war umgänglich und erklärte sich bereit, die Möbelwagen zu plombieren. Nachmittags fuhr ich mit Steinlechner zur Waldstrasse, die Arbeit der Schneeschaufler war gänzlich ungenügend, und wir besorgten weitere Hilfskräfte für den näch- sten Tag. Abends begann es zu regnen; zwei wei- tere Möbelwagen kamen aus Unzmarkt an. Am nächsten Tag, Donnerstag, den 1. Februar 1945, war Tauwetter eingetreten, für diese Gegend eine grosse Ausnahme in dieser Zeit, für meine Transporte recht erschwerend, denn nun wurde der Schnee schwer und die Schneeschaufler arbei- teten langsamer. Diese Arbeit ging so schleppend, dass ich mit den Packern mitschaufelte, bis die Fahrbahn frei war. Mit Zigaretten mietete ich den ob der Burg wohnenden Bauern Gappmeier, dass er mit seinen Ochsen und Kühen den Transport des Bergungsgutes von der Burg bis zur Reichsstrasse auf Schlitten übernahm. Denn durch den Regen war der Schnee so aufgeweicht, dass Steinlechner trotz des Ausschaufeins sich nicht getraute, die Waldstrasse mit seinen schweren Lastautos zu be- fahren. Abends regnete es und alles wurde noch trostloser. Freitags, den 2. Februar 1945, begann die Eva- kuierung der Burg. Wir führten das Bergungsgut auf Gappmeiers Schlitten, auf die wir für diesen Zweck einen Aufbau gezimmert hatten, bis zur Reichsstrasse, dort mussten die Sachen in dem nassen Schnee, den wir notdürftig mit Brettern deckten, gelagert werden und Steinlechner verlud sie auf seinen Lastwagen. Er brachte mit seinem Auto die Sachen nach Mauterndorf, wo am selben Tag noch ein Möbelwagen beladen und abgesendet werden konnte. Trotz des Einspruches der Reichs- 32
	        

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