Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

ler und Co., der von Dr. Steegmann zu seinen Be- mühungen beigezogen worden war. So verständ- lich und auch erfolgreich diese Aktion von Dr. Steegmann auch war, zu dieser Zeit bedeutete sie für mich in Wien einen ungemeinen Arbeitszu- wachs. Bei seiner Abreise aus Wien Anfang September hatte der Fürst mein Bergungsprogramm, das sich damals hauptsächlich auf Moosham stützte, aus- drücklich genehmigt und mir weitgehend freie Hand gegeben. Ich hatte ausserdem das Denkmal- amt und die Reichsstatthalterei mit dem Hinweis darauf, dass sie mir eine Bergung in Vaduz verun- möglicht hatten, veranlasst, mir mit Waggons und Treibstoff sehr an die Hand zu gehen, weil sonst unsere südmährischen Depots in Kürze in die Hand des Feindes fallen würden, und hatte auch einige Unterstützung von Seiten dieser Stellen. Nun erfuh- ren diese Ämter Mitte Oktober von Dr. Steegmanns und Ratjens Berliner Aktion und zeigten sich hier- über sehr erbost, weil sie sich von mir an der Nase geführt vorkamen. Ich hatte mit Baron Berg in der halb zerschossenen Stallburg im 1. Wiener Bezirk eine sehr temperamentvolle Unterhaltung, wobei er vor Aufregung einen Magenkrampf bekam, und auch der ebenfalls anwesende Dr. Seiberl war deut- lich verschnupft. Beide drangen in mich, zu veran- lassen, dass die Aktion des Dr. Steegmann sofort abgestoppt würde. Sie standen stur auf dem Stand- punkt, das liechtensteinische Kunstgut dürfe das Gebiet der Ostmark nicht verlassen. Aus dem Kreis der Angestellten der Fürstlichen Verwaltung hatte ich mir mit der Zeit eine Anzahl von Mitarbeitern zusammengestellt, der zwar klein war, aber ausgezeichnet funktionierte und ohne die die Bergungsarbeiten nicht durchzuführen gewe- sen wären. Ein Teil davon wurde nun eingestellt, um die für Berlin notwendigen sehr umfangreichen Listen zusammenzustellen. Nur durch deren nie er- lahmenden Arbeitsgeist war es möglich, diese gan- zen Aufzeichnungen für Dr. Steegmann doch noch fertig zu bekommen. In Moosham [Salzburg] waren am 26. Oktober vier Waggons ausgeladen und deponiert worden. Mit Ausnahme des Umladens in Unzmarkt auf an-dere 
Waggons (das notwendig war, weil die Strecke Unzmarkt - Mauterndorf eine andere Spurweite hatte) ging die Sache relativ gut. Spediteur Stein- lechner besorgte sehr verlässlich am Bahnhof in Mauterndorf das Ausladen und den Transport mit dem Auto nach Moosham. Dort waren polnische Zwangsarbeiter, welche die Bilder und Kisten auf den sehr langen und umständlichen Wegen in die Depoträume trugen. Einige Kisten Feldsberger Weines, die ich dort mit den Bildern hatte ver- packen lassen, und Zigaretten, die ich mir aus Vaduz besorgt hatte, erleichterten viele Schwierig- keiten. Die Bilder wurden vor dem Schloss ausgeladen und mussten teils in Schubkarren und teils hän- disch in die Depoträume gebracht werden. Besorgt um das kostbare Gut, verfolgte ich vor dem Wagen und auf dem Weg zum Schloss die schwierige Wei- terbeförderung. Einmal drohte ein Arbeiter, der ein grosses, mangels an verfügbarem Material nur not- dürftig verpacktes Gemälde über seinen Kopf stemmte, zu stürzen. In meiner Vorstellung sah ich den Ärmsten mit durchbrochenem Leinwandbild, den Rahmen als Halskrause auf den Schultern, zu Boden fällen. In letzter Minute konnten ihn helfen- de Hände aber stützen. Trotz mehrerer ähnlicher Momente wurden die Bilder schadlos an diesem Tag gelagert. Nach meiner Rückkehr von Moosham nach Wien hatte ich im fürstlich-liechtensteinischen «Bankgassenpalais» im 1. Bezirk eine Unterredung mit Flerrn Ratjen, den ich damals kennenlernte, welcher Besprechung die Prinzen Georg und Hein- rich und der Spediteur Herr Weiss beiwohnten. Ratjen teilte mit, dass die Ausfuhrbewilligung für die zweite Garnitur in den nächsten Tagen zu er- warten sei, er regte an, das Mooshamer Depot so- fort zu räumen und nach Feldkirch zu bringen. Ich stellte mich auf den Standpunkt, dass man mit einer Weitersendung des Mooshamer Bergungsgu- tes bis zur Vorlage der Ausfuhrbewilligung zuwar- ten müsse. In Anbetracht der Schwierigkeit des Ab- transportes nach dem Westen schlug ich vor, man solle aus Vaduz eine Schleppmaschine mit Anhän- ger beschaffen, womit der Transport ohne Umla- 26
	        

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