Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

EIN BLICK AUS DEM FENSTER ELISABETH CASTELLANI ZAHIR SCHWEDEN, SCHULDEN UND SCHÖNER SCHEIN Franz Wilhelm wurde hineingeboren in die verroh- ten Zeiten des Dreissigjährigen Krieges, in denen die heimatlichen Stammlande in Vorarlberg sowie seine späteren Herrschaften in Vaduz und Schel- lenberg von Schwedengefahr, Truppenaufmär- schen, Hungersnöten, Pest und Hexenwahn ständig heimgesucht wurden. Dazu von seinem verschwen- derischen Vater als junger Mann bereits mit hohen Schulden belastet,55 trieb Franz Wilhelm I. von Hohenems-Vaduz selber bei beschränkten Einkünf- ten einen grossen Aufwand und ruinierte sich finanziell unter anderem mit dubiosen Kriegsspie- len für den spanischen König. Er führte als absolu- tistischer Fürst einen zwar zeitgemässen, aber für seine ökonomischen Verhältnisse zu kostspieligen Haushalt; die luxuriöse Bekleidung auf den Porträts der Ehegatten will den schönen Schein zumindest nach aussen hin wahren. Der Hohenemser Graf der Vaduzer Linie blieb damit allerdings der Familientradition treu und er- höhte standesgemäss die Schuldenlast. Inwieweit Franz Wilhelm die von seinem Grossvater Kaspar seit den 1725er Jahren forcierte Idee eines emsi- schen Fürstentums mit dem Ziel einer geeinten Herrschaft auf der ganzen Rheinstrecke zwischen Bodensee und Luziensteig auf Kosten des Hauses Österreich noch aktiv verfolgte, kann an dieser Stelle nur aufgeworfen, aber nicht beantwortet werden.56 Die Vorstellung eines emsischen Territo- rialstaates zwischen der Schweiz und Österreich dürfte auch unter wirtschaftlichen Erwägungen für Franz Wilhelm von Interesse gewesen sein. Aber dazu kam es nicht mehr. Im Gegenteil, die Hohen- emser Misswirtschaft und Unbeliebtheit der Gra- fenfamilie in der Bevölkerung nahm Überhand, und unter seinem ältesten Sohn Ferdinand Karl (1650-1693) wurde den Llohenemsern durch kai- serliche Verfügung die Regierung in der Grafschaft Vaduz und Herrschaft Schellenberg entzogen und der Boden für den Übergang an das Haus Liechten- stein vorbereitet - mit dem man nun immerhin ver- wandt war.57 
FERN SEHEN IN DIE VERGANGENHEIT Mit diesem Beitrag haben wir versucht, die Mög- lichkeiten und Grenzen des historischen Blicks auf den verschiedensten Ebenen auszuloten. In dem 1906 und dann wieder 1993 in Vaduz bekannt ge- wordenen Gemälde aus dem 17. Jahrhundert mit der ganzfigurigen Darstellung von Franz Wilhelm I. von Hohenems liegt die älteste und für lange Zeit einzige (!) wirklichkeitsgetreue Darstellung von Schloss Vaduz vor.58 In der Annahme, dass das Bild - wie auch sein Pendant mit der Frau Gemahlin - kurz vor oder nach dem auf dem Bild befindlichen Datum 1662 gemalt sein dürfte, wobei die Ab- klärung einer eventuellen Kopie noch der vertieften kunstwissenschaftlichen Forschung bedarf, haben wir den Bauzustand aus späthohenemsischen Zei- 49) Stammtafel nach Bergmann bei Schaffer 1881. - Siehe Elisabeth Castellani Zahir: «... Ich und meine Tochter Elisabeth». Gräfin Kinsky-Wilczek (1859-1938). In: Inventur. Zur Situation der Frauen in Liechtenstein. Bern, Dortmund, 1994, S. 162. 50) Z. B. Jakob Hannibal I. und Hortensia Borromea von Hohenems (1578), die in der Hohenemser Ausstellung 1993 zu sehen waren (Abb. Faltprospekt 1993); das junge Ehepaar Kaspar und Eleonora Philippina (1597) (Abb. Welti 1963, Tafel 1); Jakob Hannibal II. und Anna Sidonia von Teschen (1617) (Abb. Welti 1963, Tafel 20). 51) Die beiden Doppelporträts aufgetrennten Tafeln, zwei Brustbil- der und zwei ganzfigurige Bilder von Franz Wilhelm I. und Eleonora Katharina von Hohenems-Vaduz, sind aufgeführt bei Bergmann 1861 (Nr. 27, 28, 30 u. 31 ), Schaffer 1881 (Nr. 21, 62, 77 u. 78 [das Brustbild Eleonores ist mit 1663 datiert]). - Welti 1930 bildet das ganzfigurige Ehepaarporträt auf den Tafeln 26 und 27 ab. 52) Kuby 1995, S. 18, siehe dort Abb. 5. 53) Ebenda, S. 14 f. 54) So bei den Ganzfigurenbildern von Jakob Hannibal I. (1578). Kardinal Markus Sittich III. (1595) und Kaspar von Hohenems (1614). die in der Hohenemser Ausstellung 1993 zu sehen waren (Abb. Faltprospekt 1993). 55) Welti 1930, S. 118. 56) Ebenda, S. 106 - 115. 57) Castellani 1993 L S. 44 - 47. 58) Die zu Beginn der Liechtensteiner Herrschaft. 1721 angefertigten Heber-Ansichten stellen den vorhandenen und projektierten Archi- tekturbestand von Schloss Vaduz zwar sehr detailreich vor. sind aber kein wirklichkeitsgetreues Abbild der Burganlage. Siehe Castellani 1993 I. S. 47-52 (mit Abb.) und S. 318 f. 137
	        

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