Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1997) (94)

AUSWERTUNG Bei den Bauarbeiten an der Mühlegasse in Schaan- wald wurden die Skelettreste von mindestens drei erwachsenen Individuen gefunden. Bei einer Be- stattung (Grab 1) handelt es sich um die Knochen- fragmente eines etwa im Alter von 47 bis 58 Jah- ren verstorbenen Mannes. Die Reste der beiden an- deren Individuen können nicht genau geschlechts- und altersbestimmt werden. Schwierig erweist sich vor allem die archäologi- sche Interpretation der Fundsituation. Es zeigte sich beim Bergen der Skelettteile, dass das Fehlen der restlichen Knochen nicht nur auf die Störung durch den Bagger zurückzuführen war. So konnte bei der Erweiterung des Leitungsgrabens nach Sü- den keine Fortsetzung von Grab 3 festgestellt wer- den, obwohl zwischen dem Graben und der Stras- senkofferung noch ein etwa 50 Zentimeter breiter, von den Bauarbeiten unberührter Bereich vorhan- den war. Wir konnten zudem keine Grabgrube oder eine andere Art der Grabzurichtung wie z. B. einen Sarg feststellen. Die Störung der Skelette und eine fehlende aus- sagekräftige Schichtabfolge erschweren eine Datie- rung. Nur die acht einfachen Scheibenknöpfe aus Grab 3 bieten eine Hilfe bei der zeitlichen Fixie- rung. Die technische Ausformung der Fundstücke lässt an eine Datierung um 1800 denken. Für Schaanwald ist aus diesem Zeitabschnitt kein re- gulärer Friedhof bekannt. Die Toten wurden da- mals nach Mauren zur Beerdigung überführt. Wir wissen aus historischen Quellen, dass in den Jahren 1799 und 1800 das Gebiet zwischen Feld- kirch und Schaanwald zu den Kriegsschauplätzen des 2. Koalitionskrieges gehörte.13 Es fanden so- wohl im März 1799 wie im Juli 1800 heftige Ge- fechte der Franzosen mit den österreichischen Truppen statt. Am 6. März 1799 überschritten die Franzosen den Rhein bei Bendern. In der Helbert-Chronik wird in einer sehr eindrücklichen Sprache geschil- dert, welches Unglück damit über die Unterländer hereinbrach: «Am 6. März aber, morgens 7 Uhr, geschah allhier ob Bendern der Ueberfall über den 
Rhein mit Beihilfe der Schweizer, die viele auf Wa- gen herüber führten. Andere sind der Cavallerie an die Schwänze gehangen, andere aber sind an ei- nem Seil herüber. Ganz unverhofft kamen sie in diese Dörfer. Sie plünderten alles, Wein, Fleisch, Käs, Schmalz, Schweine, viel Vieh, auch alle Bet- ten, Tuch, Zinn- und Kupfergeschirr, in den Kir- chen die Kelche, Monstranzen und andere Kostbar- keiten. Sie schändeten mit Gewalt die Weibsbilder, alte 80jährige Weiber, Kinder von 8 bis 10 Jahren, hochschwangere Frauen in Gegenwart der Män- ner... In der Kirche (Anm: Bendern) wurde alles Wertvolle geraubt oder zerschlagen. Der Mesner tödlich verwundet...».14 Im Maurer Totenbuch ist am 6. März 1799 nie- dergeschrieben: «Wegen Verweigerung von Geld wurde Joseph Senti (verheiratet) von Franzosen angegriffen und sein Leben durch das Bajonett be- endet. Am gleichen Tag wurde Johannes Georg Eberle (verheiratet) vom Feind mit einer Bleikugel durchbohrt.» In der Helbert-Chronik ist vermerkt: «...In Eschen und hiesiger Gegend sah es gröber aus. Hier war der Einfall feindlich, wiewohl sich kein Mensch widersetzte. Die erste Anforderung war Geld mit Androhung des Todes, da sie in Eschen und Mauren 4 Bauern totgeschossen und viele blässiert. Die zweite Forderung war unsittlich, die Dritte nach Wein und allem anderen ,..».15 Der heutige Bereich um Schaanwald-Mühlegas- se lag im damaligen Einsatzgebiet.16 Auf beiden Seiten waren in dieser Zeit zahlreiche Gefallene zu beklagen.17 Hillbrand schreibt in seiner Abhand- lung: «Das Gefechtsfeld muss in den letzten März- tagen des Jahres 1799 einen blutigen schauerli- chen Anblick geboten haben. Liechtensteinische Fuhrleute waren ohne Unterbrechungen damit be- schäftigt, die Toten und Verwundeten in das Hin- terland abzutransportieren.»18 In den Quellen wird berichtet, dass die mehr als zweitausend vor Feld- kirch gefallenen Franzosen in sieben grossen Gru- ben am Fusse des Blasenberges bestattet wurden.19 Es gibt aber keine Nachricht darüber, wo genau jene Österreicher und Franzosen ihre letzte Ruhe fanden, die bei den Kämpfen rund um den 252
	        

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