Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1997) (94)

GRÄBERFUNDE AN DER MÜHLEGASSE IN SCHAANWALD/MARIANNE LÖRCHER/ULRIKE MAYR FUNDSITUATION UND ANTHROPOLOGISCHE BESCHREIBUNG Im Oktober 1994 wurde die Archäologie von Pro- jektleiter Pius Mündle aus Mauren verständigt, dass bei Tiefbauarbeiten für die Gasleitung in Schaanwald, an der Mühlegasse, unerwarteterwei- se menschliche Gebeine zum Vorschein gekommen seien (archäologischer Code 0425).1 Bei der Begehung der Fundstelle zeigte sich, dass die Knochen konzentriert an einer Stelle des Leitungsgrabens auftraten und zudem durch die Baggerarbeiten stark gestört worden waren. Die verschiedenen Skelette wurden, obwohl sie nicht vollständig vorhanden waren, zur leichteren Iden- tifizierung für die Foto- und Zeichendokumentation jeweils mit eigenen Grabnummern versehen. Die Knochen lagen zum Grossteil in einer etwa 30 bis 35 Zentimeter mächtigen humosen Schicht einge- bettet, die stark mit Wurzeln durchzogen war (Pos. Nr. 1). Darunter kam ein hellbraunes, feinkör- niges, sehr kompaktes, mit grösseren Steinen ver- setztes Material zum Vorschein (Pos. Nr. 2). Die Funde aus dem Bereich über den Skeletten, z. B. mehrere Ziegelfragmente, ein weisses Glas- bruchstück und ein Eisenring, sind neuzeitlich bzw. modern. GRAB 1 Die west-ost-orientierten Knochen von Grab 1 la- gen in einer Tiefe von 35 Zentimetern unter der Humusoberkante. Vorhanden waren die rechte Beckenhälfte, der rechte Oberschenkel und der rechte Unterschenkel mit dem Wadenbein und di- versen Fussknochen rechts und links. Ein linkes Unterschenkelfragment wurde nachträglich im Aushubmaterial gefunden. Vereinzelt waren auch noch stark brüchige Reste der Rippen zu erkennen. Diese wurden für die Freilegung von Grab 3 ent- fernt. Die Beinknochen lagen in anatomisch richtiger Stellung, so dass eine Bestattung in gestreckter Rückenlage angenommen werden darf. 
Die geschlechtsspezifischen Merkmale am Becken2 lassen auf ein männliches Skelett schlies- sen. Die Knochenbälkchenstruktur3 im Oberschen- kelkopf ergibt Phase IV-V4 und somit ein Sterbe- alter von 45 bis 55 Jahren. Die errechnete Körper- grösse dieses Mannes beträgt etwa 171 Zentimeter. Der Oberschenkelknochen zeigt deutliche Rau- higkeiten der Knochenoberfläche bei den Seh- nenansatzsteilen der Gesässmuskulatur. Eine statt- liche Statur und normale Robustizität darf ange- nommen werden.5 Die Hüftgelenkpfanne6 zeigt eine etwa zehn Mil- limeter grosse, arthrotisch bedingte Veränderung der Knochenoberfläche. Dieser Befund dürfte aber die Beweglichkeit des Beines nicht beeinträchtigt haben. GRAB 2 In einer Tiefe von 37 bis 41 Zentimetern unter der Humusoberkante sind von einer ost-west-orientier- ten Erdbestattung die linken Unterarmknochen so- wie einige Fingerknochen der linken Hand gefunden worden. Die Knochen lagen - nördlich versetzt - di- rekt neben dem rechten Oberschenkel von Grab 1. Die parallele Länge der Speiche ergibt nach den Tabellen von Breitinger und Bach7 eine Körper- grösse von 163,5 bis 169,5 Zentimetern, je nach dem, ob von einer weiblichen oder männlichen Be- stattung ausgegangen wird. 1) Parzelle Nr. 53, Landeskoordinaten 760'970.0/231 '160.0; durch- schnittliche Höhe der Gräber 480,95 m.ü.M. 2) Fossa iliaca, Sulcus praeauricularis. 3) Diese Strukturen unterliegen verschiedenen Abbau- und Umbau- prozessen im Verlaufe des Alters. 4) Szilvässy/Kritscher 1990. 5) Robustizitätsindex = 0,6 %, Index platymericus = 7,78 %. 6) Fossa acetabuli. 7) Breitinger 1937 und Bach 1965. 249
	        

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