Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1997) (94)

SKELETTFUNDE AN DER LINDENGASSE IN TRIESEN MARIANNE LÖRCHER/ULRIKE MAYR Dieser Mann dürfte mit Sicherheit viele Jahre mit Rückenschmerzen, vor allem im Lendenwirbelbe- reich, gelebt haben. Die Ellbogengelenke zeigen leichte arthrotische Veränderungen der Knochen- substanz. Die Zähne im Unterkiefer sind vollständig erhal- ten; sie sind so stark abgekaut, dass das Dentin5 sichtbar ist, aber sie sind kariesfrei. Die Backen- zähne sind leicht braun verfärbt. An allen Zähnen sind deutlich Zahnsteinablagerungen zu beobach- ten. Im Oberkiefer haben Zahnfäule und Karies am ersten und zweiten Backenzahn auf beiden Seiten zu Wurzelentzündungen geführt, und der Kiefer- knochen reagierte auf die eitrigen Zysten mit Ab- bau der Knochensubstanz (Abb. 7). Zahnschmer- zen haben offensichtlich zum Alltag dieses Mannes gehört. Die Form des Schädels ist von oben pentagonoid (Abb. 6)6, von hinten bomben- bis hausförmig, von der Seite schwach gewölbt und ein Chignon7 ist leicht angedeutet (Abb. 7). Die Augenachsen ver- laufen leicht schräg, der Gesichtsumriss ist schild- förmig. Die Masse am Schädel (Länge, Breite, Umfang usw.) weisen ihn in die Kategorie der mit- tellangen bis kurzen und mittelbreiten, aber ziem- lich hohen Schädel.8 Körpergrösse 
169,2 cm Min. Stirnbreite 
• 98,0 mm Radiuslänge 
242,0 mm Max. Stirnbreite 122,0 mm Femurlänge 
460,0 mm Unterkiefer- winkelbreite 
100,0 mm Grösste Schädellänge . 
185,0 mm 
Längen-Breiten- Index 
80 Grösste Schädelbreite 
148,0 mm Längen-Höhen- Index 
81,6 Basion- Bregmahöhe 
151,0 mm Breiten-Höhen- Index 
102,0 Vergleichen wir die Daten des Skelettes von Grab 2 mit Funden von Romanen und Rätoromanen9, so kann in drei Merkmalen (grösste Schädellänge, mi- nimale Stirnbreite und Körpergrösse) Übereinstim-mung 
mit deren Durchschnittswerten festgestellt werden. Die Masse der Langknochen sind durch- aus denjenigen von Funden aus römischer Zeit (Balzers) oder keltorömischer Zeit (Bonaduz) ähn- lich. Einzelne Daten (Horizontalumfang des Schä- dels oder dessen Längen-Breiten-Index) lassen aber eine Datierung ins Frühmittelalter nicht aus- schliessen.10 Da es sich bei den beiden Gräbern in der Lindengasse nur um einzelne Individuen han- delt, kann kein eindeutiger Schluss auf das Ausse- hen einer ganzen Bevölkerungsgruppe gezogen werden. Das hohe Alter der Bestattungen kann aus dem Umstand erschlossen werden, dass die Kno- chen in getrocknetem Zustand leicht sind. Dies weist darauf hin, dass der organische Anteil des Knochens wegen der langen Liegedauer schon stark abgebaut ist. 5) Zahnbein. 6) D. h. die grösste Breite des Schädels liegt in der hinteren Schädel- hälfte, und die Stirnregion ist nur wenig schmäler. 7) Abgesetzter und nach hinten ausgewölbter Oberteil des Hinter- hauptbeines. 8) Martin/Knussmann 1988. 9) Bill/Etter 1982. 10) Hug 1940; Bill/Etter 1981. 241
	        

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