Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1997) (94)

PETER KAISER IM LICHTE DER NACHWELT JÖRG GERMANN Er zitiert aus dem Nachruf folgende Stelle: «Schon damals» (nämlich in Freiburg), «wie auch in sei- nem ganzen späteren Leben, war Kaiser bei allem Eifer ruhig von Gemüt, besonnen von Urteil, frei von allem exzentrischen und einseitigen Wesen».52 Wenn wir von ein paar leichten Entgleisungen absehen, bleiben noch genügend Einwände, die ernst zu nehmen sind. In der Maur geht es darum zu zeigen, dass Fürst Johann und sein Landvogt Jo- seph Schuppler weit mehr für das Land getan ha- ben, als dies Peter Kaiser wahrhaben will.53 Die Ausschöpfung schon Kaiser bekannter Dokumente sowie neu hinzugezogene lassen den Fürsten und besonders dessen Vertreter in einem besseren Licht erscheinen. Um auch diesem Manne Gerech- tigkeit widerfahren zu lassen, sei das Urteil In der Maurs demjenigen Kaisers gegenübergestellt. Für den ersteren ist Schuppler «ein grundgescheiter, höchst ehrenhafter, klar und rechtlich denkender Mann von hohem sittlichen Ernste», «ein Mann von unbeugsamer Energie und eiserner Konse- quenz, dem trotzdem ein warmfühlendes Herz für die vielen Leiden des seiner Führung anvertrauten Volkes nicht abgesprochen werden kann und der die Interessen dieses Volkes immer mit Hingebung und vorkommenden Falles sogar mit Selbstaufop- ferung wahrnahm.» Etwas später nennt er Schupp- ler eine «Herrennatur, die, getragen von einer star- ken Überzeugung, in sich die sittliche Kraft fand, um der allgemein eingerissenen Zügellosigkeit ... mit starker Hand entgegenzutreten». «Ganz haltlos ist es, ihn zu einem brutalen Gewaltmenschen zu stempeln.»54 Von einem «brutalen Gewaltmenschen» ist bei Kaiser nirgendwo die Rede. Wenig ist über die Per- son Schupplers nachzulesen. Und das Wenige stammt nicht von Kaiser selbst; zu Wort kommt ein «in vaterländischen Dingen erfahrener Mann»55. Schuppler wird beschrieben als «ein junger, ra- scher, unter ganz andern Verhältnissen, als die hie- sigen waren, aufgewachsener Mann, dem es nie einfallen konnte, dass auch dem Volke Rechte zu- stehen.»56 Und anschliessend als der «in seiner Art ebenso thätige, als eigenmächtig vorgreifende Mann.» Zwei Seiten später, nun original Kaiser: 
«Es ist natürlich, dass das Volk diese Neuerungen und noch mehr die rücksichtslose Art, mit der sie durchgeführt wurden, schwer empfand.»57 Ein Vergleich zeigt, dass die beiden Charakteri- sierungen gar nicht weit auseinander liegen. Der «eigenmächtig vorgreifende Mann» und seine «rücksichtslose Art»: Das passt sehr wohl zur «Herrennatur» (bei In der Maur ist diese immerhin gemildert durch ein «warmfühlendes Herz»). Wenn auch Kaiser kein Lob für Schuppler aufbringt, so bestreitet er wenigstens mit keinem Wort, dass die- ser ein «höchst ehrenhafter, klar und rechtlich den- kender Mann» sei. Nicht die Charakterisierung ist 39) Kind 1905, S. 22. 40) Erwähnt wird eine unbedachte Äusserung Kaisers auf der Post Balzers! Kind 1905, S. 21 f. 41) Die Glaubwürdigkeit von Abt Adalgot Waller zieht Iso Müller in Zweifel. Müller 1944, S. 87 f. und Müller, Iso: Geschichte der Abtei Disentis. Zürich, 1971, S. 189 f. 42) Kind 1905, S. 21. 43) Ebenda, S. 22. 44) Ebenda, S. 14. 45) Ebenda, S. 37. 46) In der Maur 1905. 47) In der Maur. Karl von: Die Gründung des Fürstentums Liechten- stein. In: JBL 1. Vaduz, 1901, S. 5-80. 48) In der Maur 1905, S. 174, Anm. 3. 49) Kind 1905. 50) Vgl. besonders den Brief Kaisers an Karl Bader vom 11.April 1819. Abgedruckt in Allgäuer 1964, S. 47 f. 51) Ein vergleichbares Urteil eines Freiburger Studiengenossen, Ernst Münch, zitiert erst 1964 Robert Allgäuer: «Mein ... Freund war ein Mensch von trefflichem Gemüthe, von schwärmerischem Wesen und doch dabei sehr geordnetem Verstände.» Allgäuer 1964, S. 14. Das «schwärmerisch» wird sofort relativiert. 52) Kind 1905, S. 14. 53) Neueste Untersuchung dazu: Press 1993, S. 63-73. 54) In der Maur 1905, S. 197 f. 55) Kaiser 1989, S. 500 (nach der Ausgabe von 1847 numeriert). Gemeint ist Johann Rheinberger. Sein Tagebuch, aus dem Kaiser zitiert, ist publiziert in Rudolf Rheinberger: Das «politische Tage- buch» des Amtsboten Johann Rheinberger von Vaduz. JBL 58. Vaduz 1958, S. 225-238. 56) Kaiser 1989, S. 500. 57) Ebenda, S. 502. 191
	        

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