Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

lieh auch seinen Sohn Rupprecht bewegte. Trotz en- ger Beziehung zu den Habsburgern konnte sich Ludwig III. auch nicht dazu durchringen, Bayern auf Kosten der Reichszugehörigkeit als Monarchie zu retten, obgleich man am Berliner Hof ein Wittels- bacher Streben nach der Kaiserkrone fürchtete. Am 2. November 1918 liess Ludwig III. die Einführung des parlamentarischen Systems in Bayern unter Einbeziehung der Sozialdemokraten zu, ein Ent- schluss, der durchaus auf der Linie seines Denkens lag - wahrscheinlich auch aus der Erfahrung, dass die Mehrheit des Volkes konservativ war. Diese Entscheidung kam zu spät. Der Kriegsaustritt Bayerns wurde durch den unabhängigen Sozialde- mokraten Kurt Eisler in einem revolutionären Akt am 7./8. November 1918 verkündet - der alte Kö- nig flüchtete zuerst nach Schloss Wildenwart am Chiemsee, um eine formale Abdankung zu vermei- den, dann nach Schloss Anif bei Salzburg. Dort ent- band er Beamte und Soldaten vom Treueeid, be- seelt von dem Wunsch, seinem Land eine blutige Tragödie zu ersparen. Zeitweilig konnte er nach Wildenwart zurückkehren, aber vor der bayeri- schen Räterepublik flüchtete Ludwig III. erneut, diesmal nach Liechtenstein und in die Schweiz. Er starb 1921 in Sarvär, dem ungarischen Gut seiner Gemahlin. Ludwig III. war wohl der volksnächste der bayerischen Könige, mit einem bürgerlichen Stil, aber volksnah bedeutete nicht volkstümlich; die Königserhebung von 1913, sein geringes Maje- stätsbewusstsein im Gegensatz zu den Vorgängern haben wohl eine grössere Popularität verhindert, obgleich seine politischen Anfänge ihn dafür prä- destiniert hätten. Vielleicht kam Ludwig III. auch viel zu spät zur Regierung; dass er durch den Er- sten Weltkrieg und seine Folgen überfordert wur- de, was wohl nahezu jedem Herrscher geschehen wäre, war seine Tragödie. Dass gerade Bayerns stabile Monarchie als erste fiel, hatte eine Signal- wirkung auf das ganze Reich. Dennoch: gerade mit seiner bescheidenen Nüchternheit und der Sorge vor unnötigem Blutvergiessen hat König Ludwig III. Entscheidendes dafür getan, dass das Haus Wit- telsbach am Ende seine populäre Stellung in Bay- ern noch behauptete. 
Hunderttausende bayerischer Soldaten haben im Ersten Weltkrieg unter wittelsbachischen Prinzen gefochten. König Ludwigs Bruder Leopold, Gemahl der Tochter Gisela des österreichischen Kaiserpaa- res Franz Josefund Elisabeth, hatte zwischen 1866 und 1870 erste militärische Lorbeeren errungen und stieg bis zum Feldmarschalleutnant auf. Als Pensionär holte ihn Wilhelm II. 1915 zurück - er eroberte 1916 Warschau und wurde im gleichen Jahr als Generalfeldmarschall der Nachfolger Hin- denburgs an der Ostfront. Am Ende stand ein ent- scheidender Anteil am Sieg gegen Russland. Sein Bruder Arnulf war zum Generalobersten aufgestie- gen und vor dem Ersten Weltkrieg gestorben; er war als erster Wittelsbacher mit einer Liechtenstei- nerin, der Prinzessin Therese, verheiratet, Tochter des Fürsten Alois II. und Schwester der Fürsten Jo- hann II. und Franz I., eine Eheschliessung, die 1882 grossartig gefeiert wurde und schon vor der Habsburger Ehe des Prinzen Alois den Rang des Hauses Liechtenstein unter den europäischen Dy- nastien unterstrich. Der einzige Sohn dieser Ehe fiel, von der Verwandtschaft tief betrauert, 1916 als Major bei Hermannstadt in Siebenbürgen. Vom Kronprinzen Rupprecht wird noch die Rede sein. Ausser den Herzögen in Bayern gab es noch die zahlreichen Nachfahren Ludwigs I. Eine Nebenlinie ging auf die Ehe des Prinzen Adalbert (t 1871) mit der Infantin Amalia von Spanien zurück; diese Li- nie orientierte sich ganz auf Westeuropa. Auch Adalberts Sohn, der Arzt Prinz Ludwig Ferdinand (t 1949), heiratete wieder eine Infantin; dessen äl- tester Sohn Ferdinand Maria (f 1958) wurde 1905 aufgrund seiner Ehe mit der dritten Bourbonin als Infant naturalisiert, gehörte fortan zum spanischen Hochadel und verzichtete auf sein bayerisches Nachfolgerecht. Sein Bruder Adalbert (f 1970) hat mit wichtigen Büchern zur Geschichte Spaniens und seines Hauses beigetragen. Dessen Sohn Kon- stantin (t 1969) zog als Abgeordneter in den Deut- schen Bundestag ein. Es wurde ein Problem der Nachfahren Ludwigs III., sich nach 1918 mit dem republikanischen Bayern zu arrangieren. Die zahlreichen Kinder Ludwigs III. schlössen vielfältige Ehen - von europäischen 182
	        

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