Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

DAS HAUS BAYERN - ZEHN JAHRHUNDERTE WITTELSBACHISCHE GESCHICHTE / VOLKER PRESS deopposition vor, deren Kern eine kleine Gruppe evangelischer Adeliger war - der Vorwurf einer «Verschwörung» dürfte übertrieben gewesen sein. Zugleich begann das katholische Bayern nach aus- sen zu wirken - so hat Albrecht V. die alte Kirche in der Markgrafschaft Baden-Baden stabilisiert. Diese Rolle verknüpfte sich mit einer sehr effektiven Bistumspolitik - sie verstärkte gleichermassen die Position Bayerns und der wankenden Reichskirche. Als Kandidaten hatte man freilich zunächst nur den wenig geistlichen Herzog Ernst, da sein Bruder Ferdinand eine Ehe mit der unebenbürtigen Haa- ger Landrichterstochter Anna Pettenbeck vorzog. Rom stützte die bayerische Bistumspolitik mit den nötigen Dispensen, so dass Ernst (f 1612) eine ganze Serie von Mitren auf seinem Haupte vereini- gen konnte. Der entscheidende Griff nach Köln 1582/83 fiel bereits in die Regierungszeit Wilhelms V. (1579-1597,11626), der die ausgeprägte Katho- lizität seines Hauses fortsetzte. In Köln hatte der ursprünglich altkirchliche Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg versucht, das Erzstift als verheirateter evangelischer Fürst entgegen dem geistlichen Vorbehalt des Religionsfriedens zu be- haupten. Nach zwei gescheiterten Kandidaturen rettete Ernst von Bayern mit Hilfe seines Bruders Kurköln für die alte Kirche, und Wilhelms Söhne führten diese Politik fort. Philipp Wilhelm wurde schon 1579 dreijährig als Bischof von Regensburg postuliert und neunzehnjährig zum Kardinal erho- ben, starb aber zwei Jahre später. Dafür setzte der jüngere Ferdinand die Karriere Emsts fort und wurde nacheinander dessen Koadjutor mit Nach- folgerecht: 1595 in Köln, 1601 in Lüttich und 1611 in Münster und Hildesheim; 1612 folgte er dem On- kel in seinen Bistümern, zu denen 1618 auch noch Paderborn kam (t 1650). Köln sollte bis 1761 eine Domäne wittelsbachischer Prinzen bleiben und das reichspolitische Gewicht Bayerns erheblich ver- stärken. Wilhelm V. wurde freilich mit der Schul- denlast Bayerns nicht mehr fertig, zumal er mit ei- nem ausgeprägten dynastischen Sinn eine Hofhal- tung grossen Stils liebte. 1597 musste er die Regie- rungsgeschäfte an seinen Sohn Maximilian (1597- 1651) abgeben, zog sich zu einem beschaulichen 
und frommen Leben zurück und erlebte als alter Mann noch die Triumphe Maximilians. Dieser war ein Mann von entschiedener katho- lischer Frömmigkeit. Aber der ehemalige Ingol- städter Student der Rechte war auch ein scharfsin- niger Analytiker der reichspolitischen und europäi- schen Entwicklungen. Zunächst gelang ihm in er- staunlicher Geschwindigkeit die Sanierung der Fi- nanzen; die Straffung der Verwaltung unterstützte die gleichzeitige konfessionelle und staatliche Durchdringung, d.h. die Konfessionalisierung Bay- erns. In gut zwanzig Friedensjahren machte er aus seinem Herzogtum einen geschlossenen und fi- nanzkräftigen Landesstaat, der auf die drohende militärische Auseinandersetzung hervorragend vorbereitet war. Dies ermöglichte ihm eine ausgrei- fende und schliesslich überaus erfolgreiche Reichs- und Aussenpolitik, wobei er auf Zusammenspiel mit dem Kaiser und auf strikte reichspolitische Le- galität achtete, aber nicht die bayerischen Eigenin- teressen vergass. 1607 führte er gegen die Reichsstadt Donauwörth, die gegen den Religionsfrieden Verstössen hatte, die Reichsexekution durch und gab sie nicht wieder heraus. Dies verschärfte die allgemeine Krise im Reich, wo sich das System des Augsburger Reli- gionsfriedens allmählich auflöste - im Gegeneinan- der von Union und Liga unter den wittelsbachi- schen Verwandten Friedrich IV. von der Pfalz und Maximilian von Bayern, die an der Spitze der ent- gegengesetzten Konfessionsparteien standen. Ma- ximilian I. von Bayern verstand es, die bayerischen und die katholischen Interessen energisch zu ver- fechten. Ein Versuch der Pfälzer, ihm die Kaiser- kandidatur anzutragen, wies er mit Recht als einen Versuch zurück, das katholische Lager auseinan- derzudividieren. DER DREISSIGJÄHRIGE KRIEG ALS HÖHEPUNKT DER BAYERISCH-PFÄLZISCHEN RIVALITÄT Der Pfälzer Griff nach der böhmischen Königskro- ne (1619) löste den Dreissigjährigen Krieg aus - die 157
	        

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