Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

wig X. (1516-1545) verständigen, der im Landshu- ter Stadtschloss eine eigene Residenz erhielt und fortan an der bayerischen Politik beteiligt wurde; doch es gab keine ernstlichen Dissonanzen. Der jüngste Bruder Ernst wurde 1516 Administrator des Bistums Passau, 1540 sogar des Erzstifts Salz- burg; er liess sich zwar nie weihen und zog sich 1556 in die von ihm erworbene schlesische Graf- schaft Glatz zurück (f 1560). Aber das wittelsbachi- sche System gefährdete er nicht. Wilhelm IV. lehnte sich zu Anfang eng an die habsburgische Politik an, doch verlieh sein einflussreicher Rat Dr. Leonhard von Eck der bayerischen bald ein eigenes Profil, ein hochintelligenter, humanistisch gebildeter Jurist, der seinen Herren gegenüber manches deutliche Wort wagte. 1522 trafen dann die Herzöge Wilhelm IV. und Lud- wig X. auf einer Konferenz in Grünwald bei Mün- chen eine folgenschwere Entscheidung: Sie verein- barten eine prinzipiell altkirchliche Haltung, trotz mancher früherer Kirchenkritik. Massgeblich war die Furcht vor der drohenden Kirchenspaltung, stärker noch als die ebenfalls vorhandene Furcht vor Aufruhr - die Herzöge verbanden diese Ent- scheidung mit einem Ausbau ihres landesherr- lichen Kirchenregiments unter Zurückdrängung der bischöflichen Jurisdiktion. Die Grünwalder Entscheidung erwies sich als eine ausserordentlich wichtige Weichenstellung des bayerischen Territo- rialstaats; sie verlieh der bayerischen Reichspolitik Konstanz. Eck gewann sogar für Bayern gegenüber dem unerfahrenen Erzherzog Ferdinand von Österreich die Führungsrolle im Schwäbischen Bund und trug damit entscheidend zur Niederwer- fung des Bauernaufstandes von 1525 bei. Die bayerischen Bauern hatten sich dem Allgäuer Bau- ernheer am Hohenpeissenberg entgegengestellt, als dieses die Grenzen überschreiten wollte. Die Katholizität Bayerns eröffnete einen Spielraum zwischen einer entschieden reichsständischen an- tikaiserlichen Politik und einer prokaiserlichen Haltung in katholischer Gemeinsamkeit. Allerdings scheiterte 1526 eine böhmische Königskandidatur Wilhelms IV. - der östliche Nachbar wurde habs- burgisch. Auch Hoffnungen auf eine deutsche Kö-nigswahl 
Hessen sich nicht realisieren. Bayern liess 1534 den Schwäbischen Bund auslaufen, musste aber im gleichen Jahr die Rückkehr Herzog Ulrichs von Württemberg und dessen Übergang zur Refor- mation hinnehmen. Als Karl V. zu seiner Aktion ge- gen die deutschen Protestanten ansetzte und mit Bayern Bündnisverhandlungen führte, brachte die- ses sogleich die Pfälzer Kur und das Schicksal von Ottheinrichs verschuldetem Fürstentum Neuburg auf die Tagesordnung. Die Neutralität Bayerns wirkte jedoch weit günstiger für die kaiserliche Kriegsführung als ein offenes Bündnis; Karl V. konnte so 1546 unter den Kanonen der Festung In- golstadt operieren. Nach seinem Sieg aber enthielt Karl V. Bayern die erhoffte Beute vor - er stand auf der Höhe seiner Macht. Die bayerische Politik schien somit gescheitert, als 1550 Wilhelm IV. und Eck kurz hintereinander starben - durch den Tod Ludwigs X. war 1545 Landshut zurückgefallen. Der neue Herzog Albrecht V. (1550-1579) war ein hö- fisch geprägter Herr, der sich an seinem Schwie- gervater, dem römischen König Ferdinand, orien- tierte - und ihn beim Passauer Vertrag von 1552 und beim Augsburger Religionsfrieden von 1555 unterstützte, die die konfessionellen Zwistigkeiten im Reich beilegen sollten. Nach einer gewissen Lockerung seiner konfessionspolitischen Haltung schwenkte Albrecht V. wieder auf eine dezidiert ka- tholische Linie ein, während er gleichzeitig durch seine engen Bindungen an das Haus Habsburg ei- nen starken Einfluss auf die Reichspolitik zu üben vermochte. Den alten Ferdinand I. nahm er zeitwei- lig geradezu in sein Schlepptau. Doch erkannte die bayerische Politik auch, dass die konfessionellen Ausgleichsversuche des neuen Kaisers Maximilian 11. (1564-1576) angesichts der entschiedenen Hal- tung der römischen Kurie keine Chance hatten. Dies führte zur Anwendung der Jridentiner Dekre- te und zur Berufung der Jesuiten, die nach einem Vorspiel 1556 in Ingolstadt, 1559 in München Fuss fassten und dort das Wilhelmsgymnasium gründe- ten. Sie führten die gymnasiale und universitäre Bildung in Bayern auf die Höhe der Zeit und stan- den für eine erneuerte katholische Frömmigkeit. 1563 ging Albrecht V. mit Härte gegen die Stän- 156
	        

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