Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

F: Gab es nicht häufiger Betriebe, in denen die Frau Landwirtschaft betrieb und der Mann als Maurer oder so arbeitete? A: Doch, aber das war selten. Mein Schwiegervater ging ja auch auswärts arbeiten und meine Schwiegermutter musste alles alleine machen, aber die hatten kein Vieh. Sie hat Mais und Kartoffeln gepflanzt. Das gab es schon häufiger. Da hat die Frau etwas gepflanzt und versorgte die Kinder. Die Männer kamen manchmal ja nur einmal im Monat heim, je nachdem, wo sie arbeiteten. Wenn die Betriebe grösser waren, also Vieh hatten, dann mussten die Männer daheim bleiben. Ja, weil gewöhnlich waren kleine Kinder da und jede Arbeit kann eine Frau halt nicht machen. F: Wie würden Sie Ihre Arbeit einschätzen - damals, als sie als Tochter auf dem Hof Ihres Vaters arbeiteten? Zum Beispiel in einem Volkszählungsbogen? A: Schon als Bäuerin. Ich wüsste nicht was sonst! Oder als Hausfrau. F: Waren Sie in irgendeiner Weise sozial abgesichert? A: Nein, gar nicht. Nicht einmal eine Krankenkasse. Ich habe zum Beispiel mit 21 Jahren Blinddarm bekommen. Je nachdem, wie man einen leiden konnte - das darf ich jetzt ruhig sagen -, hat man im Spital zahlen müssen. Die Sätze richteten sich nach den Steuern. Wenn ein Steuer- beamter einem gut gesinnt war, ist man gut weggekom- men, sonst musste man den höchsten Satz zahlen. ... Da- mals war halt noch nichts geregelt. F: Wochenbett? A: Eine gute Hebamme haben wir gehabt! Die hat den Leuten noch die Windeln gewaschen und etwas zu Essen gemacht, wenn es arme Leute waren. In die Kranken- kasse sind meine beiden Schwestern und ich vor dem Heiraten. Nur der Vater und meine Mutter waren drin - wegen dem Metzgen. F: Entlohnung der Hebammen? A: 30 Franken soviel mir recht ist. Und wieviel mal muss- ten sie dafür kommen! Zuerst mussten sie vielleicht Tag und Nacht bei der Wöchnerin sitzen. Und dann jeden Jag sie und das Kind waschen. F: Waren die Hebammen meist verheiratet oder ledig? A: Diese war verheiratet und hat selber noch fünf Kinder gehabt. Da kann man sich ausmalen, wie streng sie es ge- habt hat. Und sie hat dazu noch gepflanzt! Jawohl! 134
	        

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