Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1994) (92)

GRAF HARTMANN SOL ZE TAIL WERDEN VADUTZ ROGER SABLONIER scheint unklar und Streitobjekte werden nicht ex- plizit genannt. Zum Rechtsakt führten wohl nicht nur innerfamiliäre und familienpolitische Gründe. Das zeigt schon ein kurzer Blick auf die fünf Ge- währsmänner oder eben Schiedsleute, welche die Urkunde veranlassten: Der Bischof von Chur, Graf Albrecht I. von Werdenberg-Heiligenberg, die Äbte von Pfäfers und Salem sowie ein Ritter Friedrich von Riet wurden zweifellos aufgrund ihrer Her- kunft oder in Vertretung bestimmter Interessen zu ihrem Amt gebeten. Ritter Friedrich von Riet, «Verwalter der Grafschaft Montfort-Tettnang» (so Bilgeri)'\ vielleicht juri- stisch gebildet und öfters Mitwirkender in Rechts- sachen dieser Zeit, vertrat möglicherweise Interes- sen eines Montforter Grafen. Das Haus Werden- berg hatte sich seit der Mitte des 13. Jahrhunderts aus einer Teilung des Hauses Montfort entwickelt; zu den Montforter Nachfahren in Feldkirch, Bre- genz und Tettnang bestanden mannigfach wech- selnde, nicht immer friedliche Beziehungen. Abt Hermann von Pfäfers (1330-1361)10 war von den Vorgängen in Sargans ganz unmittelbar betroffen, während für Abt Ulrich von Salem (1337-1358)11 eine sehr nahe, allerdings nicht ganz geklärte Ver- wandtschaft mit den Werdenberg-Sargansern an- genommen wird. Der ebenfalls anwesende Graf Albrecht I. von Werdenberg-Heiligenberg, naheste- hender Verwandter der teilenden Brüder, war eine ausserordentlich wichtige und politisch einflussrei- che Persönlichkeit.12 Er trat öfters bei rechtlichen Regelungen der beiden Sarganser auf, und mit Si- cherheit spielte er bei familiären Angelegenheiten beider Zweige des Hauses Werdenberg (Heiligen- berg und Sargans) eine massgebliche Rolle. Bischof Ulrich von Chur (1331-1355) stammte aus der habsburgtreuen Familie Ribi von Seengen und Lenzburg. Als Bischof einer der wichtigsten Herr- schaftsträger in der Region, schloss er im April 1333 mit dem Abt von Disentis sowie mit anderen hohen weltlichen Adligen - darunter auch Hart- mann und Rudolf von Werdenberg-Sargans - ein Bündnis gegen Donat von Vaz; überhaupt kämpfte der Bischof mit allen Mitteln um die Rechte des Churer Hochstifts.13 
Herkunft und Qualität der Urkundenden deuten also klar auf einen weiteren Zusammenhang mit anderen zeitgenössischen Konflikten und Verände- rungen hin. Darauf wird zurückzukommen sein. Zunächst aber muss kurz dargestellt werden, wie die - offenbar strittigen - Ansprüche auseinander- gehalten wurden. Die Anteile der beiden Brüder Hartmann und Ru- dolf sind im Vertrag nur grob umschrieben. Hart- mann soll die Burgen Vaduz, Blumenegg und Nüzi- ders (Sonnenberg) 
und waz dar zuo gehöret erhal- ten. Hinter dieser Formel verbergen sich ganz un- terschiedliche Formen von Besitz, und auch der ungefähre Umfang bleibt unbekannt; handeln konnte es sich um hohe oder niedere Gerichtsrech- te, um Berg-, Fischerei-, Jagdrechte und allgemein Nutzungsrechte, um Grund- und Liegenschaftenbe- sitz und schliesslich auch um Besitz an Personen oder Personengruppen. Im Vertrag wurde nur summarisch angegeben, wo Hartmanns Anteil lag, nämlich rechts zwischen Landquart und Rhein, be- sonders Güter und Rechte um Vaduz und im Wal- gau. Die Grenzziehung entlang eines Flusses war für jene Zeit gerade in Nutzungsfragen nicht selten, verdeutlicht in ihrer Grobheit aber zugleich die Ab- 7) Vortrag vom 15. Mai 1992 an der Jahresversammlung des Histori- schen Vereins in Vaduz. Besonders für die Familiengeschichte ver- danke ich meiner Assistentin Margrit lrniger Engel wertvolle Vorar- beiten. 8) Thommen, Urkunden 1, Nr. 260 (2. März 1319). 9) Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs 2. S. 357 Anm 18; Friedrich von Riet wurde am 15. Sept. 1322 von Wilhelm von Montfort-Tettnang zum Vormund seiner Tochter Mechthild bestimmt. Mechthild wurde bei diesem Anlass dem Sohn von Albrecht I. von Werdenberg-Heili- genberg zur Ehe versprochen (UB St. Gallen-Süd 2, Nr. 1221). 10) Zu Abt Hermann vgl. Helvetia Sacra, Abt. III, Bd. 1, Teil 2, S. 1010/11. 11) Abt Ulrich hatte früher als «Ulrich von Sargans» geurkundet, weshalb Rösener meint, er sei ein Sohn Rudolfs H. von Werdenberg- Sargans gewesen, während Bilgeri glaubt, er sei dessen Enkel, nämlich ein Sohn von Hartmann III.; vgl. Rösener, Salem, S. 74, Anm. 348 und LUB 1/5, Nrn. 379/80, S. 489-91. Nach GHS 1, Ta- fel XXl ist kein solcher Ulrich von (?Werdenberg-)Sargans bekannt. 12) Siehe unten Anm. 16-24 . 13) RU, Nr. 14 (22. April 1333); Mayer, Chur, S. 345-364; Muraro, Vaz, S. 149/50. 5
	        

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