Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1992) (91)

ausführliches Beispiel kann hier bessere Dienste leisten. Hämmerles Buch gibt einen guten Überblick über die Auswanderung aus Vorarlberg und die zugrun- deliegenden archivalischen und publizierten Doku- mente. Zahlreiche Reproduktionen und Abbildun- gen illustrieren und veranschaulichen Hämmerles Ausführungen. Die Organisation des umfangrei- chen Materials scheint aber nicht ganz geglückt. Dadurch, dass der Autor z. B. das Phänomen der Auswanderung zuerst chronologisch verfolgt und anschliessend nach demographischen Gesichts- punkten beleuchtet, muss er sich notwendiger- weise wiederholen. Der rote Faden zieht sich nicht immer geradlinig, sondern eher in Schlaufen durch den Text und ist stellenweise ausgefranst. Nebst solchen formalen Schwächen bleibt an Häm- merles Buch insbesondere zu kritisieren, dass es die Erwartungen nicht ganz erfüllt. Im Vorwort kündigt der Autor an, dass vor allem Menschen, und nicht die Auswanderung selbst, im Mittelpunkt seiner Untersuchung stünden. Das vorliegende Buch ist aber vorwiegend eine empirische Fakten- sammlung. Um die Auswanderer und ihr Schicksal zu erfassen, müsste eine Arbeit darüber hinaus psychohistorische Deutungsversuche wagen. Es ist eine altbekannte Tatsache, ja fast schon ein Ge- meinplatz, dass hauptsächlich Mittellose auswan- dern wollten oder mussten. Was unterschied aber die auswanderungswilligen Mittellosen von den Mittellosen, die zu Hause blieben? Warum war ihre Bindung zur Heimat lockerer? Gibt es einen Aus- wanderertyp? Unter den Armen waren die aus- wanderungswilligen wohl die unternehmungslusti- geren, denn wer vor Hunger und Elend apathisch wird, kann sich wohl kaum dazu aufraffen auszu- wandern. Die Mehrheit der Bevölkerung verliess die Heimat nicht. Man hat immer wieder versucht, die Emigra- tion aus einer Region mit der wirtschaftlichen und politischen Situation zu erklären. Gänzlich können solche Versuche aber nicht befriedigen, weil sie den Daheimgebliebenen und ihren Nachfahren die Auswanderer nicht näherzubringen vermögen. Selbstverständlich ist es schwierig, «Wanderlust» 
empirisch, wissenschaftlich zu erfassen; es wäre aber interessant, die Motivation der Auswanderer nicht nur aus wirtschaftlicher und politischer, son- dern auch aus psychologischer und sozialer Per- spektive auszuleuchten. Neben amtlichen Akten sind dafür natürlich persönliche Dokumente wie Briefe und Tagebücher unabdingbar, erfahrungsge- mäss aber schwieriger aufzufinden. ANSCHRIFT DES AUTORS Pio Schurti 706 Sparks Ave Apt B Austin, Texas, 78705 214
	        

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