Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

Beurlaubung wurde zwischen den einzelnen Trup- penarten unterschieden. Die Reserven, die aus be- reits ausgebildeten Soldaten zusammengesetzt wa- ren, durften im Frieden nicht einberufen wer- den.218 Lediglich zehn Tage vor einer Musterung, wenn das ganze Kontingent einberufen wurde, war auch die Reserve einzuziehen.219 Die Ersatzmann- schaft war bei ihrer ersten Einberufung soweit aus- zubilden, dass die aus ihr in das mobile Korps ab- gegebenen Leute binnen zehn Wochen nach Über- tritt „als vollständig geübt auftreten" konnten.220 Deshalb war die Ersatzmannschaft nach ihrer er- sten Ausbildungszeit beurlaubt und wurde nur mit der Reserve zur Übung einberufen.221 Vom mobilen Korps wurde, wenn keine Exerzier- zeit war, nur ein sogenannter „Locostand" gehal- ten.222 Dieser setzte sich aus Leuten zusammen, die nicht beurlaubt werden wollten, dann aus jenen, welche zu Unteroffizieren auszubilden waren, und schliesslich noch aus jenen, die „als Renitenten ge- stellt wurden".223 Die übrigen wurden ausserhalb der Exerzierzeit beurlaubt. Dies waren in erster Linie diejenigen, welche bis zur nächsten Losung ausgedient hatten.224 Dann folgten je nach Dauer der geleisteten Dienstzeit jene, die entweder eine eigene Wirtschaft bearbeiteten oder ihren Eltern im Wirtschaftsbetrieb halfen oder zur Erhaltung ihrer Familie zu Hause benötigt wurden.225 Beurlaubun- gen ins Ausland wurde vom Oberamte nur an Per- sonen bewilligt, „an deren Rückkehr nicht zu zwei- feln" war.226 Der Entwurf von 1841 erweckt den Eindruck, dass das Oberamt infolge der gemachten Erfahrungen seit 1837 bemüht war, alle bei der Anwendung er- lebten und darüber hinaus noch erdenklichen Eventualitäten zu erfassen und zu reglementieren. Dazu kam das fast krampfhaft zu nennende Bestre- ben, alle zu treffenden Entscheidungen rundum ab- zusichern, um unangenehmen Widersetzlichkeiten auf diesem Wege ausweichen zu können. Dieser Gesetzesentwurf entstand aus der Tendenz heraus, alles zu erfassen und war zugleich Ausdruck einer vorhandenen Unsicherheit. Das Resultat entsprach den Intentionen. Der Entwurf war durch den aus-ufernden 
Inhalt unübersichtlich und überladen und daher für die praktische Anwendung schlecht ge- eignet. Die Reaktion aus Wien auf den vom Oberamt einge- reichten Entwurf liess lange auf sich warten. Erst am 4. März 1843, also nach fast eineinhalb Jahren, kam es zu einer fürstlichen Entschliessung227 über den eingereichten Entwurf. Bereits die Einleitung zu der Stellungnahme durch Fürst Alois II. klang wie ein anklagender Stossseufzer eines geplagten Landesvaters. Nachdem Fürst Alois „sowohl zu Eis- grub als hier über anliegenden Entwurf zu resolvie- ren versucht habe und der angewandten Zeit und Mühe ungeachtet nur unvollkommen vorwärts ge- rükt" sei,228 habe er nun doch einen Entschluss gefasst. Als erstes verlangte Fürst Alois IL, dass vieles ausgeschieden werden müsse,229 damit das Gesetz kürzer und bündiger und dadurch für die Unterthanen leichter aufzufassen und verständli- cher werde.230 Als wichtiges Argument führte der Fürst an, dass manche Paragraphen, die im Geset- zesentwurf eingebaut waren, besser in eine In- struktion für fürstliche Beamte aufgenommen wer- den sollten. Nicht zu Unrecht meinte er, dass eine Instruktion leichter zu ändern sei als ein Gesetz. Dazu kam auch noch, dass seiner Ansicht nach eine Abweichung von der Instruktion eher mit Nachsicht behandelt werden könne, wenn sie in ihren Folgen unwesentlich sei. Hingegen könne eine, wenn auch nur irrtümliche Abweichung vom Gesetz „den gan- zen Akt ungiltig machen".231 An konkreten Abänderungen befahl Fürst Alois II. folgende Bestimmungen in das Gesetz aufzuneh- men:232 Die Dienstpflicht dauerte vom 19. bis zum 24. Lebensjahr. Die Dienstzeit wurde auf sieben Jahre verlängert, nämlich auf vier Jahre beim akti- ven Kontingent und drei Jahre bei der Reserve. Die Verlängerung der Dienstzeit bei der Reserve wurde damit begründet, dass die immer wieder durch To- desfälle, Untauglichkeit, Auswanderung etc. entste- henden Lücken leichter vermieden werden könn- ten. Der Dienst in der Reserve zu Friedenszeiten wurde auch als „weder für das Land noch für den einzelnen lästig"233 interpretiert, da die Reservisten nur selten einberufen wurden. 94
	        

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