Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

nur im Falle von Untauglichkeit oder im Tausch mit einem älteren diensttauglichen Bruder möglich.116 Trat ein Soldat während seiner Dienstzeit in den geistlichen Stand, war er ebenfalls von seiner Dienstpflicht befreit.117 Wer seine Dienstzeit ge- mäss dem Gesetz hinter sich brachte, wurde mit einem „förmlichen Abschiede" entlassen.118 Wer während seiner Militärdienstpflicht gerichtlich ver- urteilt wurde, war unverzüglich aus dem Kontin- gent zu entfernen, allerdings erst nach Stellung ei- nes Einstandsmannes.119 Der sechste Abschnitt von Titel III (§§ 73-95) ent- hielt die Bestimmungen „Von 
den Übertrettungen des gegenwärtigen Gesetzes, deren Bestrafung und deren Folgen".120 Die wichtigsten und häufigsten Verstösse gegen das Konskriptionsgesetz bestan- den in Versäumnissen von angesetzten Rekrutie- rungs- und Losungsterminen sowie im eigenmäch- tigen Entfernen von der Truppe.121 Das Fälschen von Belegen, das „Erdichten" von Krankheiten oder Gebrechen und die Selbstverstümmelung in der Ab- sicht, die Militäruntauglichkeit zu erreichen, wurde als weiterer wichtiger Straftatbestand taxiert.122 Als Massnahmen waren Geldstrafen von fünf bis 100 Gulden und Freiheitsentzug bis zu drei Monaten vorgesehen.123 Wer Widerspenstigen Hilfe leistete, indem er ihnen z. B. heimlichen Aufenthalt gewähr- te, wurde ebenfalls bestraft.124 Sogar die Gemeinde als Ganzes war davon betroffen, da von ihr jeder, welcher sich ungerechtfertigt dem Militärdienst entzog, ersetzt werden musste.125 Ein besonderes Augenmerk wurde dem Problem der Desertion ge- widmet. Als Deserteure wurden „Vereidete, welche nachher entweichen", bezeichnet.126 Bereits Llilfe- leistung für Fahnenflüchtige konnte mit Geldstrafen bis zu 200 Gulden, im Kriegsfall sogar bis zu 400 Gulden geahndet werden.127 Die Deserteure selbst wurden mit Konfiskation ihres Vermögens bestraft, wenn sie sich nicht innerhalb von sechs Wochen meldeten.128 Das eingezogene Vermögen fiel an die Gemeinde, welche daraus die ihr infolge der Deser- tion entstandenen Kosten, wie z.B. die Stellung ei- nes Einstandsmannes, bestritt.129 Die Judikatur für Gesetzesübertretungen stand in erster Instanz dem Oberamt zu, ein Rekurs an die Hofkanzlei war ge-währleistet.130 
Begnadigungen konnten nur vom Fürsten ausgehen.131 Der siebte und letzte Abschnitt des Titels III (§§ 96-99) lautet „Von 
den Kosten'}22 Grund- sätzlich galt, dass „alle Verrichtungen zum Zwecke der Militär-Conscription .. . kostenfrei behandelt werden" sollten.133 Als besondere Konskriptionsko- sten wurden die allgemeinen Bürokosten, die Tag- gebühren von zwei Gulden für die Ärzte sowie die Ausgaben für gerichtliche Verfolgungen angese- hen.134 Als Prämie für „Aufbringungsbelohnung" wurden 1 bis 5 fl. ausgesetzt.135 Unkosten wurden auch für die Verpflegung von Arretierten erwartet, „wenn sie aus eigenem Vermögen nicht bezahlen" konnten.136 Dieser Entwurf des Konskriptionsgesetzes unter- schied sich schon äusserlich durch seinen Umfang von den früheren Gesetzen zum gleichen Thema. Die präziseren Bestimmungen hatten sich vor allem infolge der Realität gewordenen Aushebung als nö- tig erwiesen. Bereits 1831 hatte es sich gezeigt, dass der betroffene Bevölkerungsteil gerade der Frage der Militäraushebung eher misstrauisch ge- genüberstand. Mit dem nach bayerischem Vorbild erarbeiteten Entwurf hoffte das Oberamt, eine gründliche, alle möglichen Eventualitäten einbezie- hende Lösung gefunden zu haben. Die Hofkanzlei war wegen Zeitmangel nicht in der Lage, den vom Oberamt erarbeiteten Entwurf bis zur Konskription vom März 1837 zu genehmigen und in Kraft zu setzen.137 Sie erteilte aber dem Oberamt die Erlaubnis, „nach dem Entwurf zu han- deln, wenn es nötig" sei.138 Die Durchführung der Rekrutierung 1837 lief im grossen und ganzen ru- hig ab, zeigte aber gleich einen Mangel des erarbei- teten Gesetzesentwurfes.139 Es gab Anstände bei der Frage, wieviele Soldaten jede Gemeinde zu stel- len hatte, da im Entwurf darüber keine Anhalts- punkte enthalten waren.140 Das Oberamt hatte nach bisherigem Usus jeder Gemeinde eine be- stimmte Anzahl Rekruten, die zu stellen war, vorge- schrieben. Die Losung fand aber unter sämtlichen 18- bis 25jährigen Männern statt, ohne Unterschied der Jahrgänge. Dies führte dazu, dass in einzelnen 88
	        

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