Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

als Individuum. Er glaubte sich selber schuldig am Leiden Christi. Er versenkte sich deshalb in das Leiden und versuchte, Schmerz und Pein der Passi- on nachzuerleben. Die Leidensstationen waren nicht mehr Unterpfand des Heilsgeschehens, son- dern Mahnung an seine Sündhaftigkeit und Gegen- stand seiner Andacht. Zwischen dem Benderer Fa- stentuch von 1612 und den neu gefundenen Fa- Abb. 5: Fastentuch aus Bendern, Liechtenstein «Heilsgeschichte» 1612 Vaduz, Landesmuseum 
stentüchern vollzog sich dieser Wandel, das heisst im Laufe des 17. Jahrhunderts.12 In der barocken Frömmigkeit wurde die Einheit von Fastentuch und objektiver Heilstatsache zugun- sten einer Einheit von Fastentuch und persönli- chem Gebet aufgehoben. Das zentrale der drei neuen Fastentücher, jenes mit dem Vesperbild, ist nun in der Tat nichts anderes als das ins Bild ge- setzte Gebet, wenn es in den Betrachtungen zu den Schmerzen Märiens heisst: «0 heiligste Mutter mei- nes Erlösers, mit kindlicher Teilnahme gedenke ich der bitteren Qual, die Dein zärtliches Mutterherz empfunden hat, als Du nach der Abnahme Deines geliebten Sohnes vom Kreuze seinen entseelten Leib auf Deinen mütterlichen Schoss nahmst, und ihn bei der Betrachtung seiner heiligen Wunden mit Tränen der zärtlichsten Liebe benetztest. Durch Dein Leiden, das ich jetzt andächtig erwäge, und durch Deine unvergleichliche Geduld und Gotterge- benheit bitte ich Dich, o meine liebreiche Fürspre- cherin, erflehe mir bei Deinem Sohne die Gnade, dass ich mich von der allzeit gütigen und weisen 378
	        

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