Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

QUADERER / MILITÄRGESCHICHTE 1814-1849 SCHLUSSBEMERKUNGEN Schlussbemerkungen Was bringt die untersuchte Thematik für Erkennt- nisse? Bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage sind verschiedene Bereiche zu unterschei- den. Für den Fürsten bot das Militär eine Möglichkeit, als Mitgliedstaat des Deutschen Bundes seine Be- reitschaft zu zeigen, die allgemeinen Aufgaben und Pflichten des Bundes mitzutragen. So gesehen war das Militär also ein Mittel, die Staatspolitik zu un- terstützen, z.B. in ihrem Bestreben, die Souveräni- tät zu bewahren. Es erwies sich allerdings, dass das Militär für den Fürsten auch unangenehme Begleiterscheinungen mit sich brachte. An erster Stelle sind wohl die finanziellen Aufwendungen zu nennen, die von ihm erbracht werden mussten. Das Land selbst,von dem die Unkosten für das Militär eigentlich hätten getra- gen werden müssen, war wirtschaftlich zu schwach, diese Leistungen alleine vollbringen zu können. Dies führte dazu, dass der Fürst in Situa- tionen, die besondere Auslagen verursachten, im- mer wieder aus seiner „Privatrente" Geldvorschüs- se gewähren musste. Eine andere Belastung stellte das Militär im innen- politischen Bereich dar. Die Militär Stellung war manchmal Anlass zu Spannungen zwischen Volk und Fürst, sei es bei verlangten Einsätzen, wie etwa 1814/1815, sei es nur schon bei geplanten Rekru- tierungen wie etwa 1831. Für den Fürsten ergab sich in solchen Situationen ein heikles Abwägen zwischen Erfüllung der Bun- despflicht und -forderung einerseits und Rück- sichtnahme auf die Anliegen des Volkes anderer- seits. Zu einer Durchsetzung des Volkswillens kam es nur 1848, als die revolutionäre Stimmung zu einer vor- übergehenden Auflösung oder vielmehr Beurlau- bung des Kontingents führte. Aber schon 1849 war das liechtensteinische Militär wieder einsatzfähig und -bereit - allerdings im Ausland. Weder Fürst Johann I. noch Alois IL, in deren Re- gierungszeit der behandelte Zeitabschnitt fällt, hat- ten besondere persönliche Interessen, das Militär- kontingent in Liechtenstein aufzustellen. Unter 
Feldmarschall Johann I. konnte die Realisierung der Forderung des Bundes sogar ca. 20 Jahre lang hinausgezögert werden. Alois IL, der alles andere als ein Militärkopf war, kam mit der Aufstellung der Mannschaft im Jahre seines Regierungsantrittes lediglich einer Bundes- pflicht nach, deren Erfüllung nicht mehr aufgescho- ben werden konnte. Man kann also festhalten, dass das liechtensteini- sche Militärkontingent von den Fürsten des Landes nur aus staatspolitischen Erwägungen heraus ins Leben gerufen und während ca. 30 Jahren erhalten wurde. Der Auflösung des Deutschen Bundes folgte die Auflösung des liechtensteinischen Militärs auf dem Fusse. Für die Verwaltung im Lande, vorwiegend für den Landvogt, bzw. den Landesverweser, stellte das Mi- litärkontingent grösstenteils eine Belastung dar. Anders als der Fürst stand der Vorsteher der Regie- rung „an der Front" und spürte die Schwierigkeiten viel unmittelbarer. Oft war es der Landvogt oder Landesverweser, der die wirtschaftlichen Nöte und finanziellen Engpässe vor Ort miterlebte und dar- über nach Wien melden musste. Mit diesen Berich- ten waren meistens Bitten um Verständnis oder um finanzielle Unterstützung verbunden. Insgesamt ist festzuhalten, dass die Landvögte und Landesverwe- ser zwar immer zum Fürsten hielten und dessen Anweisungen getreulich ausführten. Es ist aber auch spürbar, vor allem bei Joseph Schuppler und Johann Michael Menzinger, dass die sozialen und wirtschaftlichen Nöte des Volkes ernst genommen wurden und ein Problembewusstsein gegeben war. Aus den Berichten und Stellungnahmen der Verant- wortlichen im Lande ist vielfach - mindestens zwi- schen den Zeilen - zu entnehmen, dass das Militär eine Belastung darstellte, die man liebend gerne wieder losgeworden wäre. Die Bevölkerung tat sich durchs Band schwer mit der Militärpflicht. Man konnte keinen Sinn in dieser Bundespflicht erkennen. Die Souveränität, für die dieses Opfer letztlich gebracht werden musste, war dem Grossteil der Bevölkerung wohl kein Anliegen; 255
	        

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