Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

aber doch noch eine Gnadenfrist von 8 bis 10 Tagen zur Arbeitssuche zugestanden.170 Der Entscheid, ob jemand militärtauglich sei oder nicht, war für das Oberamt, beziehungsweise für den Rekrutierungsrat oft kein leichtes Abwägen und manchmal Anlass für Unzufriedenheiten, min- destens aus der subjektiven Sicht der Betroffenen. Vor allem nicht messbare Befreiungsansprüche we- gen schwierigen Familienverhältnissen oder wegen vorgebrachter, manchmal vielleicht auch vorgege- bener körperlicher Mängel waren oft schwierige Entscheidungsgrundlagen. Die erstaunlich guten Gesetzeskenntnisse der Gesuchsteller, wahrschein- lich beraten von Kundigen, machten die Sache für die Obrigkeit nicht leichter. Vor allem nach 1848 wird teilweise ein etwas forscherer Ton in den Ge- suchen angeschlagen. Dem Oberamt ist aber zuzugestehen, dass es ver- suchte, einen Weg zu gehen, der die Grundlage des Gesetzes nicht verliess, dabei aber doch die menschliche Problematik des einzelnen nicht über- sah. DIE VEREIDIGUNG Die Vereidigung der Offiziere und Soldaten war in allen Armeen ein wichtiger Vorgang. Der abgelegte Eid erst band die zum Militärdienst Verpflichteten durch ein feierliches Gelöbnis an die Vorgesetzten. Liechtenstein hatte die Soldaten des Bundeskontin- gentes vor 1836 nicht vereidigt. Der Musterungsbe- richt von 1831 rügte nachdrücklich den Zustand der fehlenden Vereidigung.171 Mit der Anstellung eines eigenen Offiziers wurde auch im liechtenstei- nischen Kontingent ein Diensteid eingeführt und bereits am 8. Januar 1836 wurde Leutnant Schaffer vereidigt.172 Der neue Kommandant brachte mit den Dienstvorschriften einen Diensteid nach baye- rischem Vorbild mit, der für die liechtensteinischen Soldaten verbindlich im Kontingent eingeführt und neueintretenden Offizieren und Soldaten abgenom- men wurde. Die Mannschaft wurde dazu jeweils auf Schloss Va- duz versammelt, es wurden ihr die Kriegsartikel 
vorgelesen, die sodann von ihr „mit Beobachtung der vorgeschriebenen Feierlichkeiten nach folgen- der Eidesformel beschworen" wurden:173 „Wir schwören zu Gott dem Allmächtigen einen fey- erlichen Eide Sr. Durchlaucht dem souverainen Fürsten und Herrn Alois Regierer des Llauses von und zu Liechtenstein, von Nicolsburg etc. etc. treu u gehorsam zu sein auch den uns vom hohen deut- schen Bundesfürsten (von den hohen deutschen Bundes-Staaten) vorgesetzten Generalen u Com- mandanten so wie alle unsere Vorgesetzten zu ge- horchen, dieselben zu ehren, zu schützen, ihren Befehlen in allen Diensten Folge zu leisten, gegen jeden Feind wer er immer sey, u wo es Sr. Hoch- fürstlichen Durchlaucht Wille immer erfordern mag, zu Wasser u zu Land, bei Tag u Nacht, in Schlachten in Stürmen Gefechten u Unternehmun- gen jeder Art u zu jeder Zeit, u in allen Gelegenhei- ten tapfer u mannhaft zu streiten die eigenen so wie die Bundestruppen denen das fürstliche Schützen- korps zugetheilt wird, so wie ihre Fahnen u Stan- darten in keinem Falle zu verlassen, und mit dem Feinde nie u unter keinem Vorwande in das minde- ste Einverständniss einzulassen uns immer so, wie es den Kriegsgesetzen gemäss ist u braven Kriegs- leuten zusteht zu verhalten, u auf diese Weise zu leben u zu sterben. Stabung174 Dass wir all dasjenige, was uns so eben vorgehal- ten, u wir wohl verstanden haben, genau befolgen u treu darnach leben wollen schwören wir, sowahr uns Gott helfe. Amen!" 170) Ebenda. 171) Siehe S. 53. 172) [.LA RC 27. B. 27/6, bei 885-t, Eid für Math. Schaffer, 8. Jan. 1836. 173) Es liegen zwei annähernd identische Eidesformeln vor: LLA RC 27, C, o. N„ Entwurf Schaffers vom 9. Nov. 1836; ebenda, F2, Nr. 174, Aktennotiz des RAV, 16. April 1849. Folgender Text gibt die Version von 1849 wieder; wichtige Abwei- chungen gegenüber 1836 sind in Klammern beigefügt. 174) Stabung: Vorsagen der Eidesformel; siehe Grimm. Bd. 17, Sp. 379. Die Stabung fehlt beim Text 1836. 116
	        

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