QUADERER / MILITÄRGESCHICHTE 1814-1849 DAS KONTINGENT IM ALLTAG Das Kontingent im Alltag DIE KONSKRIPTIONEN DIE KONSKRIPTIONSVORGÄNGE RIS 1836 Die Aufstellung des liechtensteinischen Kontingents war bis 1831 keine drängende Frage. Mit der Auf- stellung der Reserveinfanteriedivision kamen ab 1830 vom Deutschen Bund konkretere Forderun- gen in diese Richtung. Ab 1831 wurde es ernst, da auch noch eine Musterung ins Haus stand.1 Von Wien aus wurde die Bestimmung und Aufzeichnung der Kontingentsmannschaft von 55 Mann befoh- len.2 Das Oberamt zitierte die Ortsrichter auf den 28. Februar 1831 nach Vaduz, um die nötigen Massregeln zu erteilen.3 Diese Massregeln sahen vor, dass den einzelnen Gemeinden nach ihrer Be- völkerungszahl die Stellung von Soldaten repar- tiert, also zugeteilt wurde.4 Beginnend mit Balzers, sollten ab dem 3. März 1831 in den einzelnen Ge- meinden die Aushebungen durchgeführt werden.r' Es war also der gleiche Ablauf wie 1814/1815 vor- gesehen. Die Dorfgeistlichen hatten ein Verzeichnis der Dienstpflichtigen anhand der Taufbücher auf- zustellen. Aus diesen Verzeichnissen wurden die sogenannten Assentierungslisten erstellt, d.h. es wurden alle Tauglichen eruiert, welche zur Losung anzutreten hatten. In Schaan z.B. wurden 1831 die Namen von 108 Militärpflichtigen im Alter von 18 bis 38 Jahren verzeichnet, von denen 82 als tauglich bezeichnet wurden.6 Diese Listen enthalten auch interessante kulturgeschichtliche Informationen. In Schaan sind u.a. folgende Bemerkungen enthalten:7 Chrysosto- mus Wanger, geb. am 7. Okt. 1803, Sohn des Josef, Student in Chur; Matheus Kaufmann, geb. am 21. Sept. 1810, Sohn des Josef, Kandidat der Theolo- gie; Sebastian Risch, geb. am 20. Jan. 1796, unehe- lich, der Magdalena, Vater aus Kroatien. Planken, das elf militärpflichtige Bürger hatte, musste einen Soldaten stellen. Dies war für 1831 der 34jährige Josef Kieber aus Mauren, der bereits den 1815er Feldzug mitgemacht und überdies vier Jahre in Holland gedient hatte.8
Wie unerwartet diese Aushebungen im Jahre 1831 kamen, zeigt die Tatsache, dass das Oberamt sich genötigt sah, die Formulare für die Mannschaftsli- sten denen von 1814 und 1815 „nachzuahmen",9 da die aus Wien vermittelten Vorlagen sich als un- anwendbar erwiesen. Die Konskription von 1831 war infolge der politi- schen Unruhen eher schlecht als recht durchgeführt worden, wie dies auch der entsprechende Inspekti- onsbericht belegt.10 An eine wirkliche Aufstellung und Einübung des Kontingents dachte man in Liechtenstein noch nicht. Landvogt Pokorny beru- higte die Bevölkerung mit der Aussage, es sollte lediglich die Überzeugung herbeigeführt werden, dass „die vom allerhöchsten Bunde angeordnete Beschreibung der Mannschaft wirklich vollführt" [sei] und dass also „von einer Einrükung der Mann- schaft jetzt noch keine Rede sey".11 Aus diesem Grunde, so kann er abschliessend auf die Hauptur- sache hinweisen, stünden „mithin für dermahl noch keine Kosten zu besorgen".12 Die Mannschaft war auch nicht vereidigt worden. Dies befremdete den Inspizienten v. Hertling, weil „bei solcher Be- schaffenheit die Deserteurs nicht geahndet werden" konnten.13 1) Siehe oben S. 50 ff. 2) LLA RC 27, H2, ad 68 pol., Pokorny an Gemeinden, 25. Febr. 1831. 3) Ebenda. 4) Ebenda, 69 pol., Protokoll vom 28. Febr. 1831. 5) Ebenda. 6) Ebenda, o. N., Assentierungsliste für die Gemeinde Schaan. 13. Apr. 1831. 7) Ebenda. 8) Ebenda, o. N.. Assentierungsliste für die Gemeinde Planken, 13. Apr. 1831. Siehe auch oben S. 26 „Nationale" von 1815, Nr. 43. 9) Ebenda, Nr. 193, OA an Fürst, 2. Juni 1831. 10) Siehe oben S. 50. 11) LLA RC 27.112, o. N., Zirkular des OA an alle Gemeinden, 17. Okt. 1831. 12) Ebenda. 13) Ebenda, o. N.. OA an Fürst. 19. Nov. 1831; Bericht über die Inspektion durch v. Hertling. 101