Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (89)

LIECHTENSTEINER ÄRZTE DES 19. JAHRHUNDERTS RUDOLF RHEINBERGER kirch-Schaan-Buchs erteilte.385 Der Wunsch der Mehrheit wäre es gewesen, die Eisenbahn nach Süden weiterzuführen und erst bei Sargans über den Rhein zu leiten. Doch konnte Liechtenstein gegen den Willen Österreichs und der Schweiz nicht durchdringen. Präsident Karl Schädler hatte im Landtag warnend seine Stimme gegen die Schie- nenführung Schaan-Buchs erhoben und stimmte gegen die Konzessionserteilung. Seine grössten Bedenken galten dabei dem Bau des Bahndammes Schaan-Buchs quer durch das Tal, der für Schaan eine grosse Wassergefahr mit sich bringe!386 Wie recht Schädler hatte, mussten die Schaaner im Jahr 1927 erfahren, als der Rhein wenig oberhalb Schaan den Damm durchbrach und der Bahndamm die Wassermassen bis nach Schaan hineinleitete und viele Häuser unter Wasser setzte. Ende des Jahres 1870 erkrankte Karl Schädler an einem Darmkrebs. Als Arzt wusste er, dass eine Heilung nicht möglich war. Am 27. Mai 1871 legte er sein Mandat als Landtagsabgeordneter nieder. Am 30. Januar 1872 starb er im Alter von 68 Jahren in seinem Haus387 in Vaduz. «Sein Leichenbegäng- nis wurde zu einer ehrenvollen Kundgebung, an welcher sich eine selten grosse Volksmenge und alle Korporationen des Landes beteiligten».388 Dr. Karl Schädler war seit dem Revolutionsjahr 1848 neben Peter Kaiser der prägende Politiker des Landes. Kaiser hatte durch seine «Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein» das Volk aufgerüttelt und es über seine unwürdige, unterdrückte Lage aufgeklärt. Mit seinem Verfassungsentwurf hatte er den Grundstein für ein liberales liechtensteinisches Grundgesetz gelegt. Schädler war es dann, der Peter Kaisers Ideen in die praktische Politik umsetzte. Kaiser war ja nur 8 Monate aktiv in der liechtenstei- nischen Politik tätig. Nach seinem Abtreten im Spätherbst 1848 übernahm Karl Schädler die politi- sche Führung der fortschrittlichen liberalen Kräfte und die Leitung des Kampfes gegen die konservativ- absolutistische Staatsgewalt. Seine Arbeit im Ver- fassungsrat 1848, als Präsident des Landrates 1849 und als Mitglied des «Subkomitees» 1861 führte schliesslich, nach langem Ringen zur Verfassung von 1862. 
Er muss im Verhandeln zäh und taktisch sehr geschickt gewesen sein. Schon im Verfassungsrat erreichte er im Sommer 1848 mehr, als man eigentlich erwarten durfte. Auch seine persönlichen Vorstösse bei den Ministern der Reichsgewalt in Frankfurt blieben nicht ohne Erfolg. Schliesslich setzte er seine Meinung auch bei den Verfassungs- verhandlungen 1861/62 weitgehend durch. Nur dort, wo es nicht um Grundsätzliches ging, zeigte er sich kompromissbereit. Auch in seiner achtjährigen Tätigkeit als erster Landtagspräsident wusste er sein rhetorisches und taktisches Geschick klug einzusetzen. Als gewissenhafter Arzt genoss er das uneinge- schränkte Vertrauen seiner Patienten. Durch den Tod Karl Schädlers hatte Liechtenstein einen tatkräftigen, erfolgreichen Politiker, einen tüchtigen und beliebten Arzt und einen geradlini- gen, ehrlichen Menschen verloren. 379) Siehe auch unten S. 90. 380) Situationsplan LLA RD 1861 VIII Nr. 11268. 381) Hofkanzlei an Regierungsamt Vaduz, 18. November 1861, LLA 1861 VIII Nr. 11268. 382) Protokoll der Landtagssitzung vom 29. November 1917 (L. Vo.). 383) A. Schädler, Landtag, JbL 1, S. 141. 384) A. Schädler, Landtag, JbL 1, S. 158. 385) A. Schädler, Landtag, JbL 1, S. 161/162. 386) ebda. 387) Das «Tschaggaturm» genannte Haus wurde schon vom Land- schaftsarzt Gebhard Schädler bewohnt. Dr. Karl Schädler hatte das Haus i. J. 1866 käuflich erworben. - A. Schädler Familienchronik. FamARh, Abschrift. 388) Albert Schädler, Familienchronik FamARh, Abschrift. 77
	        

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