Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (89)

Juden vor allem im Kredithandel tätig gewesen. Das würde auch in das Bild passen, das man sich gewöhnlich vom Juden macht; denn infolge des kanonischen Zinsverbotes und des Ausschlusses der Juden von den Zünften und dem Besitz an Grund und Boden nehmen sie im Kreditgeschäft lange eine Art Monopolstellung ein. Für die Juden am Eschnerberg gilt das jedoch nicht. Es gibt zwar vereinzelt Kreditgeschäfte. Aber die durchschnittli- che Kredithöhe 
von 5V2 Gulden lässt doch Kreditge- schäfte als solche als völlig uninteressant erschei- nen, zumal der hohenemsische Schutzbrief von 1617 den Höchstzinssatz auf 5 % festgelegt hatte.120 Wir können demnach die gesamten Zinseinkünfte der Juden pro Jahr auf etwa 80 Gulden veranschla- gen; das ist genau soviel, wie die Gemeinden Eschen und Mauren an Insässgeld verlangt haben.121 Ein Geschäft war mit solchen Krediten nicht zu machen. Die Kredite dürften daher in erster Linie als Aus- senstände für bereits empfangene Waren anzu- sehen sein. Die Juden förderten den Kauf auf Kredit, was ihnen von der christlichen Konkurrenz zum Vorwurf gemacht wurde.122 Hingegen waren sie selbst an Geld knapp. In einem Streitfall bietet ein Jude statt der Barzahlung Tuch, Häute und Silber an.12J Auch Holz wird einmal anstelle von Geld akzeptiert.124 Mit dergleichen Waren wurde auch gehandelt. Im Vordergrund stand allerdings der Pferde- und Viehhandel. Eine vollständige Waren- liste lässt sich aus dem bisherigen Material kaum erstellen. Seit dem Mittelalter stand den Juden ein Hehler- privileg zu, das auch im 17. Jahrhundert noch in Geltung stand und durch den Hohenemser Schutz- brief anerkannt war.12D Die Juden konnten mit gestohlenen Waren Handel treiben, soweit sie nicht positiv wussten, dass diese Waren gestohlen waren. Bei blossem Verdacht mussten sie dieser Frage nicht nachgehen. Dieses Hehlerprivileg brachte sie allerdings häufig in Schwierigkeiten. Im 30jährigen Krieg setzten die Soldaten aller Kriegsparteien ihre Beute über die Juden um, obwohl der unrechtmässige Erwerb in der Regel offenkundig war. Die Grenze zwischen 
blossem Verdacht und positivem Wissen war flies- send. 1650 geriet der Eschnerberger Jude Lazarus Bock in Schaffhausen in Schwierigkeiten. Er hatte gestohlenes Silber, und zwar «drey silberne bächer mit vergülten Mundstücken und sechs silberne Löffel verkauft».126 Die Stadt Schaff hausen forderte vom Grafen, dass er den Juden zur Rückgabe anhalte; andernfalls drohte sie den Juden am Eschnerberg an, dass sie «zu unserer statt Schaff- hausen noch unserer Landschaft keinen Zugang noch zutrit haben, sondern gentzlich darvon ausge- schlossen sein sollen.» Der jüdische Händler beginnt nach vollendetem Sabbat seine Tätigkeit. Er besucht seine Medine, d.h. seinen Handelsbezirk, und kehrt oft erst am Freitagnachmittag nach Hause zurück, um mit seiner Familie den Sabbat zu feiern. Über die Handelsbezirke der Eschnerberger Juden wissen wir noch zu wenig. Ihr Schwerpunkt lag in den Herrschaften Vaduz-Schellenberg. Samuel Bern- heim handelt auch in Lustenau, Jakob Henle 1641 im Grossen Walsertal (Reichsherrschaft Blumen- egg). Auch in Feldkirch treffen wir die Eschnerber- ger Juden an. Heftige Klagen liegen seitens der Herrschaft Feldkirch vor. Von einem der Juden hören wir, dass er sich in Italien aufhält. Es gibt demnach Hinweise darauf, dass sich der geographi- sche Bezirk der Eschnerberger Händler weit über die Landesgrenzen hinaus erstreckt hat. Hier gab es allerdings das Problem, dass man auf die Konkurrenz der Hohenemser Juden stiess, die bereits ihre feststehenden Bezirke hatten. So haben die Hohenemser Juden auch zahlreiche Schuldner in den Herrschaften Vaduz-Schellenberg, während die Eschnerberger Juden in Hohenems kaum Fuss fassen können. Auch das mag ein Grund dafür sein, dass der Wohlstand der Eschnerberger Juden be- scheiden blieb. Der Pferdehandel stand auch in Hohenems an oberster Stelle. 1646 verlangte der Graf von den Juden in Hohenems und am Eschnerberg, dass sie ihm acht Pferde aus seinem Marstall um 220 Gulden abkauften. Es kam zu einem Vertrag, demzufolge die 8 Pferde unter den Hohenemser Juden aufgeteilt wurden, während die Eschnerberger sich mit 168
	        

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