Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (89)

KINDHEIT UND STUDIENZEIT Der Verstorbene wurde am 16. August 1906 auf Schloss Frauenthal in der Steiermark als erster Sohn der Erzherzogin Elisabeth Amalie von Öster- reich und des Prinzen Alois von und zu Liechten- stein geboren. Kaiser Franz Josef von Österreich war Taufpate. Auf den Schlössern von Frauenthal und Stuhlweissenburg verbrachte Prinz Franz Josef die ersten vier Lebensjahre; dann übersiedelte die Familie ins Gross-Ullersdorfsche Schloss in Nord- mähren. Besuch der Volksschule, und dann Über- siedlung nach Mödling bei Wien. Eintritt ins Schot- tengymnasium; Matura 1925. Ausbildung als Di- plom-Forstingenieur an der Hochschule für Boden- kultur in Wien. In seiner Studienzeit wohnte Prinz Franz Josef im Palais in der Rossau in Wien. Nach dem Studienabschluss 1929 verwaltete der junge Forstingenieur seine Güter in der Tschechoslowakei und bereiste verschiedene Staaten Europas und die Vereinigten Staaten von Amerika. Sein Weltbild war von der alten untergegangenen Habsburger Monar- chie geprägt. PRINZREGENT UND FÜRST Fürst Franz I. von und zu Liechtenstein (1853- 1938) übertrug am 30. März 1938, nicht ganz vier Monate vor seinem Tod, die Stellvertretung seinem Grossneffen, Prinz Franz Josef, unter Berufung auf die Artikel 10 und 13 der Verfassung. Am 25. Juli 1938 starb Fürst Franz I. von und zu Liechtenstein. Fürst Franz Josef II. trat die Nachfolge seines Grossonkels an. Am 27. Juli 1938 gelobte der Landtag dem neuen Fürsten Treue. In der An- sprache des damaligen Landtagspräsidenten, Pfar- rer Kanonikus Anton Frommelt, ist die Angst und Ungewissheit vor der Zukunft deutlich hörbar: der Fürst «möge dieses Treuegelöbnis annehmen in ernster und heiliger Stunde, und es sei nicht der leiseste Gedanke unter uns, der nicht gerecht wäre.» Dem Fürstentum drohten von innen und von aussen tödliche Gefahren. Nicht unvorbereitet durch die Geschichte des 19. Jahrhunderts fand der 
Einheitsgedanke des deutschen Kultur- und Sprach- raumes, gepaart mit nationalsozialistischer Ideo- logie und aktualisiert durch wirtschaftliche Schwie- rigkeiten im Land selbst, bei manchen aktive Zu- stimmung oder zumindest abwartende Haltung ge- genüber der Entwicklung im Dritten Reich, um sich dann - je nachdem - auf die Seite der Erfolgreichen zu schlagen. Der junge, unerfahrene Fürst stand mit seinem kleinen Volk vor der Kulisse einer düsteren Gewitterfront. Patriotische Gesinnung, Klugheit und politisches Augenmass waren damals wohl die gefragtesten staatsmännischen Tugenden. DER PATRIOT Der Patriotismus fand in der Huldigung des Volkes vom 29. Mai 1939 auf der Schlosswiese in Vaduz eine eindrucksvolle Selbstdarstellung. Ein kleines versammeltes Volk - der grösste Teil der damals 11000 Einwohner zählenden Bevölkerung war anwesend - gab sich, mit dem Fürsten an der Spitze, die staatliche Identität. Als die donnernde Bass- Stimme des Landtagspräsidenten Pfarrer Frommelt die Eidesformel vortrug, sprach die Menge spontan mit erhobener Schwurhand Satz für Satz nach: «Wir schwören Treue unserem Fürsten, Beobachtung der Verfassung und Gehorsam den Gesetzen, sowie in Gemässheit der Verfassung und der Gesetze in all dem zu dienen, was zur Erhaltung der Sicherheit und der Wohlfahrt unserer Heimat frommt. So wahr mir Gott helfe!» Barhäuptig und stehend hörte sich das Volk die Proklamation des Fürsten an: «Feier- lich gelobe ich, wie ich bereits vor einem Jahr getan habe, meinem Land ein gerechter Fürst zu sein, die verfassungsmässigen Freiheiten zu wahren, den Bedrängten und Armen ein Helfer und dem Rechte ein getreuer Hüter zu bleiben.» In der Proklamation des Fürsten stehen auch die für einen Monarchen ungewöhnlichen Worte: «Ich bitte den Allmächti- gen, dass er mir die Kraft und die Möglichkeit geben möge, im Geiste meiner Vorfahren das übernomme- ne Erbe als erster Bürger von Liechtenstein zum Wohle und Gedeihen unseres Landes verwalten zu können.» Was immer Verfassungsrechtler mit dem 10
	        

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