Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (89)

(1772-1844)512 war ebenfalls Wirt und bekleidete als Richter, Säckelmeister und Deputierter im Stän- de-Landtag wichtige öffentliche Ämter. Er hinter- liess ein für damals enormes Vermögen von über 77 000 Gulden und stand damit dem als reich bekannten Dr. Grass in Vaduz nicht nach. Franz Josef Schlegel hatte eine konsequente Familien- politik eingeleitet. Von den fünf Töchtern, welche das Kindesalter überlebten, heirateten deren drei Gastwirte im Tal.513 Der Sohn Franz Xaver kaufte im Jahr 1846 das Gasthaus «Engel» in Vaduz aus dem Erbe seines Vaters. Damit verfügte die Familie Schlegel über ein ganzes Netz von Stützpunkten im Land, über welche sie ihren Einfluss geltend ma- chen konnte. Die Wirte hatten damals eine beson- dere Stellung in der Politik und waren meistens vergleichsweise vermögend. Franz Josef, sein Bru- der Johann und sein Sohn Ferdinand spielten eine undurchsichtige und manchmal zweifelhafte Rolle in der Politik. Indem sie sich zu allem, was von den Behörden kam in Gegensatz stellten, wollten sie sich als Männer des Volkes darstellen. Aufwiege- lung,''14 Ehrenbeleidigungen und Gewalttätigkeiten wurden ihnen vorgeworfen.515 Der schwerste Vor- wurf, der ihnen gemacht wurde, war aber die «Unterdrückung von armen Leuten», was nichts anderes bedeuten kann, als deren Ausbeutung. Die Frau des Franz Josef Schlegel, Anna Maria Sele, gebar 15 Kinder, von denen mehrere schon im Säuglingsalter starben. Sie war Hebamme in Trie- senberg. Der älteste Sohn des Franz Josef und der Anna Maria Schlegel wurde am 28. Januar 1802 geboren und erhielt den Namen Josef Hannibal. Er wuchs zusammen mit seinen Geschwistern in Triesenberg auf. Inwieweit er aber den Schulunterricht besuch- te, wissen wir nicht. Pfarrer Zimmermann von Triesenberg berichtet genau über jene Jahre,516 in denen der kleine Hannibal schulpflichtig gewesen wäre, dass «der Schulbesuch von Jahr zu Jahr mehr vernachlässigt werde und zu besorgen sei, dass endlich eine ganze Gleichgültigkeit gegen den Schulbesuch hervorgehen möchte.» Es hätten in den Jahren 1812-1814 kaum der vierte oder dritte Teil der Kinder den Winterkurs mitgemacht.517 Und 
wenn dann noch berichtet wird, dass Richter Franz Josef Schlegel, der Vater Hannibals, im Jahre 1812 den «Schulhausneubau hintertreiben» wollte,518 so darf man vermuten, dass es mit dem Schulbesuch des Kleinen wohl nicht zum besten bestellt war. Jedoch Vater Schlegel hatte seine Pläne mit dem aufgeweckten Jungen. Er sollte Arzt werden, was zunächst ein Gymnasial- und anschliessend das Hochschulstudium erforderte. Aber schon für den Eintritt ins Gymnasium wurden Grundkenntnisse verlangt, die Hannibal nicht besitzen konnte. Daher besuchte er als Vorbereitung von 1814 bis 1816 das Seminar in Chur. Mit dieser soliden Grundlage konnte er auf das Schuljahr 1816/17 in die dritte Grammatikaiklasse des Gymnasiums in Feldkirch eintreten.519 Seine Noten520 sind auch später in der ersten und zweiten «Humanitätsklasse» durchwegs vorzüglich. Im Jahr 1819 schloss er das Gymnasi- um mit der Note «Eins» in allen Fächern und Disziplinen ab.521 Schon im Jahre 1818 war Jos. Hannibal Schlegel das Kriss'sche Stipendium zuge- sichert worden.522 Vermutlich hat er dieses Stipen- dium dann vom Jahre 1819 an erhalten. Mit dem Wintersemester 1819/20 bezog Hannibal Schlegel die Universität Freiburg im Breisgau. Dort war er bis und mit Sommersemester 1825 immatri- kuliert.523 Wie es damals üblich war, absolvierte auch er in den ersten fünf Semestern das «Philoso- phicum», um dann im Herbst 1822 mit dem engeren Medizinstudium zu beginnen. Wir wissen, dass Peter Kaiser vom Herbst 1817 bis Frühjahr 1819 in Freiburg war.524 Schlegel hinge- gen kam erst im Herbst 1819 dorthin, so dass ein Treffen der beiden dort nicht möglich war. In jener Zeit drohte die Universität Freiburg ein Opfer des staatlichen Dirigismus zu werden. Man fand, 
dass eine Universität für den kleinen Staat Baden genüge und Heidelberg gegenüber Freiburg der Vorzug zu geben sei. Schliesslich gab aber die hohe Qualität der katholischen theologischen und besonders der medizinischen Fakultät den Aus- schlag für die Erhaltung der Universität Frei- burg.525 Unter den Lehrern526 Schlegels wurde der junge Professor Karl-Heinrich Baumgärtner527 (1798-1886) durch seine Lehre von der Kranken- 100
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.