Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1990) (88)

eher wollen die Liechtensteiner haben. Die Gefahr ist vor der Tür.» Schaedler blieb unnachgiebig: Erst Beseitigung der Unzufriedenheit, dann seine Erklärung, sonst «wer- den die Ereignisse den Weg gehen sowieso». Nun stellte Hoop Verhandlungen zur Befriedung der Par- teien in Aussicht. Schaedler anerbot sich, die Sit- zung zu verlassen, um einen einmütigen Beschluss zu ermöglichen. Nach bitterem Wortwechsel, bei dem das Ultimatum als «Verbrechen» taxiert wurde, verliess Schaedler die Sitzung. Die übrigen VU-Ab- geordneten folgten ihm nicht. Der Landtagspräsident brachte die Unabhängig- keitsfrage nicht zur Abstimmung. Man erwog, zum Fürsten zu fahren oder doch die Berner Reise zu verschieben. Gegen halb sechs Uhr fragte Regie- rungschef Hoop: «Nun, wie ist es unter uns, kann man sagen, dass wir einig sind über diese Frage?» Als Ergebnis vermerkte das Protokoll: «Alle Anwe- senden sind sich in dieser Frage der Selbständigkeit und Unabhängigkeit völlig einig».5" Dies wurde dann der Presse in der formal nicht unrichtigen Form mitgeteilt, dass der Landtag sich «einstimmig» für die Selbständigkeit und für Festhalten an den Staatsverträgen ausgesprochen habe.59 Am Abend noch legte der Oppositionsführer dem Regierungschef die Forderungen konkreter vor: «Sofortige Umgliederung der Regierung» durch Er- nennung eines Regierungschef-Stellvertreters und eines Regierungsrates auf Vorschlag der Union, Ein- führung des Proporzwahlrechts, «Amnestie für poli- tische Vergehen» und «Wiedergutmachung», «so- fortige Einstellung von Judeneinbürgerungen» und Überprüfung der alten, «Ausschaltung» des Einflus- ses der «jüdischen» Fürstin Elsa durch «Übernahme der Regierung durch den Thronfolger», dazu «Aus- Erstes Blatt des 32 Seiten umfassenden Protokolls der denkwürdigen nichtöf- fentlichen Landtagssitzung vom 15. März 1938. Trak- tandum 2 füllte den ganzen Tag aus. 
Weisung des Juden Isenberg» - dieser hatte sich gegen Verunglimpfungen in der Presse gewehrt - sowie «Zurückdrängung des Einflusses der antivöl- kischen Fanatiker».6" Es wird deutlich: War in der Landtagssitzung unter ultimativem Druck ein Parteienausgleich als ein Weg zur Lösung der Krise erst vage ins Auge gefasst worden, so konkretisierten Schaedlers Hauptforde- rungen die Bedingungen, wie sie sich dann in der Tat realisieren sollten.1'1 Protokoll über die es IS.MärB 1936 vormittags 9 Uhr stattgefunden« Konferenzsitzung des Landtages. ABsreaend alle Abgeordneten Reg.Vertreter Heg.Chef Dr.Hoop Sohrlf tftthewOas. ner Das Protokoll (.er letzten Öffentlichen Sitzung wird verle- aen und genehmigt. 1.Initiative Euphraeio KalBer. Her Landtag Ist nach gründlicher Prüfung des Initiativbegehrens der 
Meinung,dasB die Erteilung einer OantwirtsohaftskonzeBalon nioht eine Landtageangelefc-enhelt und eine eolohe der 
Legislative,s p sondern eine reine 
VertaltungBaache sei.Das Qeeuoha Bei,der Kon- <Jr - Sequenzen wegan?*ibzalehnen.Mit dieser Begründung wird dieCLnl t 
IS- A tive*7 «rei ;T *iflt: . mehrheitlich abgelehnt. g.Stellungnahme zu den Inn- et ansaenpolltiBehen Be,?ebenhel ten Reg.Cb.efj_ Ueber die Vorgänge in Oeaterreioh sind die Herren Abge- ordneten orientiert.wir Bind Jetzt Machbarn MKM von Groa.?-DeutBoh- land geworden und dieses Moment hat bei ans eine gewisse Beunruhi- gung fieachaf fen.wie 
In der h/iannhlmr̂wii 
BachbnrBchaft such. Irgend- eine 
Befürchtung,dans die Grenzen iieohtanarolna verletzt würden, iat von vorneherein unbegründet gewesen.VTir haben nichts zu gewär- tigen.Auch ist seitens Deutschland erklärt 
worden,daaa es die Gren- zen der Sonwelz reepektlert.Ee gehen such 
Gerüchte.duss liechten- steinische Personen Bloh an dieser Umwälzung in Oesterreich erfreu- en urd glauben.daas auch 
Lieohteneteln ein Bestandteil vom Deut- schen Reiahe werde.loh habe dieae Auffassung nicht und 
glaube,daBs die Verhältnisse in Liechtenstein nioht der richtige Hahrboden für den Hazionolsozinliamus sind und Uber kurz oder lang wird der Taumel,der heute diese 
Leute beherrscht,aufhören.loh bin über- zeugt,daBa durah die Berührung mit dem benachbarten Vorarlberg ver- schiedene Illusionen über den Haziorialeozialiamua zerstStt werden. Wenn man die Verh<nieee mit den liechtensteinischen vergleioht, ao rnuas jeder zum Schlusee ko.n12en.daBe wir etwas elntauaohen wür- den,daa nlr nachher bereuen würden.Vom Staat aua habe loh die Mei- nung,ist der einzige richtige Vorgang,wenn wir mit dem neuen Baoh- 14
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.