Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1990) (88)

Setzungen der Dialektausdrücke; diese letzteren da- gegen schreibt er, um sie optisch herauszuheben, in der uns heute geläufigeren lateinischen Schreib- schrift. Rheinbergers Schrift ist klein, zierlich; ihr Duktus verrät das fortgeschrittene Alter des Autors. Mein Mitarbeiter Herbert Hübe hat verdankenswer- terweise das Manuskript auf EDV erfasst. Seine Ab- zählung hat ergeben, dass im Heftchen total 1497 Stichwörter eingetragen sind; davon wurden von der Hand des Autors wiederum 77 als Doppeleinträ- ge gestrichen. Es verbleibt also eine Gesamtzahl von 1420 Einträgen, eine recht hohe Zahl, wenn wir zum Vergleich etwa die Arbeit von R A. Schaedler über die Mundart der Talgemeinden Liechtensteins (Jahrbuch 1915) heranziehen, deren Wörtersamm- lung mengenmässig fast um die Hälfte hinter der unseren zurücksteht, allerdings wieder weit syste- matischer und fachmännischer angelegt ist. Bei der Schreibung von Mundartwörtern - das ist eine recht allgemein bekannte leidige Tatsache — erhebt sich ein grundsätzliches Problem, indem nämlich die Mundart eine Reihe von Lauten enthält, die das Hochdeutsche nicht besitzt und die demnach mit den normalen Zeichen des Alphabets auch nicht wiedergegeben werden können. Dieses Umstandes war sich auch Rheinberger durchaus bewusst. Die erste beschriebene Seite seines Büchleins enthält eine kurze, freilich keineswegs erschöpfende «An- merkung» zu einigen Schreibkonventionen, die er sich für die Wiedergabe besonderer Mundartlaute ausgedacht hatte. So bemüht er sich, die nasal gefärbten Laute (wie etwa in Maa" 'Mann', mää"na 'meinen') von den übrigen zu unterscheiden. Er tut dies, indem er ein nach oben offenes Halbböglein unter den nasalier- ten Vokal setzt. Dass diese Unterscheidung (nasal : nicht-nasal) durchaus wesentlich ist, ja, gelegentlich für sich allein Bedeutungsunterscheidungen zu be- gründen vermag, zeigt Rheinberger selber in der Fussnote seiner «Anmerkung», wo er schreibt: «z. B. ahikeia heisst 'hinunterfallen', hingegen a"hikeia 'hinfallen'.» In der praktischen Durchführung seiner Transkriptionsversuche ist Rheinberger nun freilich nicht stets konsequent, was eine Interpretation sei- ner Lautformen im einzelnen gelegentlich er-schwert. 
Solches ist bei einem sprachwissenschaftli- chen Laien keineswegs unverständlich, aber immer- hin schade, denn gerade im Bereich der nasalierten Laute, wo das Oberland mittlerweile manche der auch ihm früher eigenen älteren Züge aufgegeben hat, wäre eine zuverlässige Informationsquelle zu den Lautverhältnissen aus der Zeit vor rund 130 Jahren natürlich hochwillkommen. Zweifel melden sich aber, wenn wir (auf Seite 2) Ää"chla und Ää"cha (mit nasalem /ä.7!) lesen für 'Eichel' und 'Eiche'. Gab es zu jener Zeit diese Aussprache? Oder liegt hier nicht eher ein Versehen vor? (denn an sich gehören diese Fälle nicht in die Reihe der nasalen Vokale). Ungünstig ist im übrigen der Umstand, dass der Autor das erwähnte Halbböglein noch in einer zwei- ten Funktion verwendet, nämlich in Verbindung mit o zur Bezeichnung einer überoffenen (nicht-nasalen) Aussprache (etwa in Ornig 'Ordnung'). Manche in der Mundart unbezweifelbar getroffene Lautunterscheidungen treten in Rheinbergers Mund- artschreibung nicht zutage. Nehmen wir als Beispiel den Bereich der e-Laute. Im Hochdeutschen haben wir zwei Lautstufen, lel und lel (also: Ifeldl 'Feld' oder Ibe.-rl 'Bär' gegenüber Ime-.rl 'Meer' oder Ise-.rl 'sehr'). Diese beiden Stufen werden in der Schrift- sprache (freilich teils inkonsequent) mit den zwei Lautzeichen ä und e wiedergegeben. In der Mundart nun ist die lautliche Gliederung dieses Bereichs reichhaltiger; wir unterscheiden ja bekanntlich ein läl (etwa in oberländ. Äächla 'Eichel'), ein lel (etwa in Meel 'Mehl') und ein lel (etwa in kseet 'gesagt'). Drei Laute stehen hier also bloss zwei Zeichen gegen- über! Rheinberger beschränkt sich hingegen auf eine Verwendung der beiden Zeichen ä und e, das heisst, die Lautqualität lel gibt er ohne ersichtliche Konse- quenz teils mit e, teils mit ä wieder. Auch auf einem anderen Feld bleibt festzuhalten, dass der Autor sich nicht streng an ein Ordnungs- schema hielt. Ich meine die Anordnung der Wörter innerhalb ihres Leitbuchstabens. Nun ist es ja an sich so, dass eine Wortliste nicht ein Text ist, dem sich eine kohärente Botschaft, ein zusammenhän- gender Sinn entnehmen liesse. Jedes Wort bildet eine isolierte Botschaft, stellt ein für sich stehendes 140
	        

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