Prof. Werner Meyer als Kenner mittelalterlichen Bauens schreibt: «Was wir an der mittelalterlichen Bauweise als malerisch empfinden und als ästhetisches Erlebnis geniessen, ist nichts anderes als das Ergebnis einerseits der instinktsicheren Anpassungsfähigkeit früherer Bauhandwerker an die von der Natur geschaffenen Voraussetzungen und andererseits des harmonischen Einklangs von architektonischen Ausdrucksformen und funktionellen Bedürfnissen». Die Untersuchungsbefunde ermöglichen oft ein Rekonstruieren des ursprünglichen Baues und ein Aufzeigen seiner Entwicklung bis in die heutige Zeit. Denn der ursprüngliche Kernbau wurde im Laufe der Jahrhunderte von den ihn bewohnenden Generationen jeweils den momentanen Bedürfnissen angepasst und somit verändert. Bauherren und Planern verhelfen solche Erkenntnisse zu einer optimalen Gebäu- desanierung und Wiederbelebung. Es gilt, das Wesentliche eines Hau- ses zu erkennen, so können wir das Objekt auch verstehen und uns auf eben dieses Wesentliche zurückbesinnen. Im Zuge der momentanen Rustikal-Architektur möchte man den Ausführenden öfters mehr baugeschichtliche Kenntnisse wünschen, hat doch vielerorts eine eigentliche Kitsch-Epidemie die Baubranchen erfasst, diese bedrängt den gewissenhaften, berufsstolzen Handwerker. Im weiteren erbringen baugeschichtliche Erkenntnisse Grundlagen zur Erforschung der Siedlungsgeschichte. Bauten sind direkte, fassbare Hinterlassenschaften unserer Vorfahren. Sie widerspiegeln das wirt- schaftliche und soziale Umfeld ihrer einstigen Bewohner. Oft kann ein Wohnhaus als Stammhaus ortsansässiger Familien identifiziert werden. Altbauten sind äusserst wichtige Träger unseres Geschichtsbewusst- seins, denn wir gehen täglich an ihnen vorüber. So heisst es doch mit Recht: die Vergangenheit kennen bringt Verständnis für die Gegenwart und Vertrauen in die Zukunft. Peter Albertin Bauanalytiker Etzbergstrasse 33 CH-8405 Winterthur 354