Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1985) (85)

Siegel und dem Siegelführer bestehen. Eine solche Beziehung konnte vor allem durch die Umschrift geschaffen werden, der damit eine sehr wichtige Aufgabe zukam. In Ergänzung dazu kamen bei vielen Siegeln die Wappen, die zwar sehr viel repräsentativer aussahen als die Umschriften, die aber nur die Familie und nicht den einzelnen Siegelführer identifizieren konnten. Der Platz, der auf den Siegeln für Umschriften zur Verfügung steht, ist begrenzt. Die Siegelführer waren daher gezwungen, sich auf die wichtigsten Angaben zu konzentrieren. Bei Signeten begnügte man sich meist mit der Angabe der Initialen des Siegelführers oder liess jede Aufschrift weg. Grössere Siegel boten etwas mehr Platz, doch musste auch hier bei der Nennung der Titel und der Amtsbezeichnung fast immer zu Abkürzungen gegriffen werden. Der höhere Adel versuchte, die kleine Titulatur (d.h. die wichtigsten Rangbezeichnungen wie «Graf von . . .» oder «Herr von . . .») wenigstens andeutungsweise auf dem Siegel anzubringen. Der niedere Adel begnügte sich in der Regel mit der blossen Namensnennung. Im 17. Jahrhundert ist gelegentlich die Rangbe- zeichnung «Hauptmann» zu finden. Ähnlich verhält es sich mit den bürgerlichen Siegeln: Meist steht nur der Name des Siegelführers. Eine frühe Ausnahme ist das Siegel des Feldkircher Stadtammanns Johannes Stöckli (Nr. 201): S'IOH(ann)IS D(i)C(t)I STOECKLI MI(ni)STRI. Bei den bürgerlichen Siegeln tauchen erst im 17. Jahrhundert vermehrt Titel wie «Landammann» oder «IVD» (Iuris Utriusque Doctor) auf. Bischöfe und Äbte gaben wie der höhere Adel ihre Titel an, höhere Geistliche ihre Würden. Dass ständische Unterschiede auch in der Siegelumschrift zum Ausdruck gebracht wurden, geht aus dem Siegel von Burkart von Brandis (Nr. 8) hervor. Während seine ehelich geborenen (Halb-)Brü- der sich auf der Umschrift mit «LIBER» oder «FRYH(err)» bezeich- nen, fehlt bei ihm diese Bezeichnung, und das Brandis-Wappen auf dem Siegel ist als Zeichen seiner illegitimen Geburt mit dem sog. Bastard-Balken durchkreuzt. Die Umschriften der geistlichen Siegel sind durchwegs in lateini- scher Sprache abgefasst. Beim Adel sind die Umschriften zunächst ebenfalls in Latein, wobei Siegelführer und Siegelstecher diese Sprache offensichtlich nicht sicher beherrschten. In der Mitte des 15. Jahrhunderts erfolgte beim Adel ein Wechsel in die deutsche Sprache, 60
	        

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