Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1984) (84)

besonderem Masse für die deutsche Barockkunst, denn diese zeigt kein so klares Entwicklungsbild wie die der benachbarten Länder. Schon die Basis ist eine andere: Es ist die Gotik, die für die Kunst der deutschen Renaissance und der Folgezeit das Fundament bildete. Hinzu kommt, dass sich in Deutschland, bedingt durch den Dreissig- jährigen Krieg, die kulturelle Entwicklung verzögerte, so dass hier in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts durch die italienischen Einflüsse im Süden, die französischen im Westen und die holländi- schen im Norden drei fremde, voneinander abweichende Entwick- lungsrichtungen einwirken konnten. Erst nach 1680, nachdem die Probleme von Gotik, Renaissance und Reformation sowie die fremden Ausstrahlungen verarbeitet worden waren, begann eine Phase «kernhaft schöpferischen Gestaltens»:85 der deutsche Hochba- rock.86 Die deutsche Kunst des beginnenden 17. Jahrhunderts aber ist noch eine suchende. Verwurzelt in heimischen Traditionen, insbeson- dere dem Gotischen, befindet sie sich in ihrem Drang nach Naturalis- mus auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Dabei nimmt sie niederländische Einflüsse, zum Teil italienisch gefärbt, bereitwillig in sich auf.87 Selbständig entsteht die deutsche Barockkunst. Indes - ihr fehlt das grosse Mäzenatentum, die Monumentalität der Aufträge und damit die Erziehung zur Monumentalität der Gesinnung. Das kleine Vielerlei drängte zum Handwerklichen. Vergeblich sucht man hervorragende Künstlerpersönlichkeiten:88 «In der Wüste der Jahr- hundertmitte wirkt Glesckers Bamberger Kreuzigung ergreifend einsam.»89 85 Zitat: Frederik Adama van Scheltema, Die Kunst des Barock. Bd. 4 der Reihe «Die Kunst des Abendlandes». Stuttgart 1958, S. 155. 86 Zum Ganzen: Adolf Feulner. Die deutsche Plastik des siebzehnten Jahrhunderts, München 1926, S. 1 f.: Richard Benz (N 20), S. 19 f.; Frederik Adama van Scheltema (N 85), S. 155; Arno Schönberger, Deutsche Plastik des Barock. Königstein/Taunus 1963, S. 3 f. 87 Brinckmann spricht von drei Wurzeln der deutschen Kunst zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Siehe: Albert Erich Brinckmann, Barockskulptur. Entwicklungsge- schichte der Skulptur in den romanischen und germanischen Ländern seit Michelangelo bis zum 18. Jahrhundert, Bd. 1, Berlin-Neubabelsberg 1919, S. 181. 88 So auch: Albert Erich Brinckmann (N 87), S. 192; Adolf Feulner ( N 86), S. 5 f. 89 Zitat: Werner Hager, Barock. Skulptur und Malerei. Baden-Baden 1969, S. 73. 41
	        

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