Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1984) (84)

nach einem Gipsmodell gezeichnet hatte: «... Es ist der erste Kopf, den ich gemacht, er sieht dem Göthe doch ähnlich...»10 Gerne bedachte er die Schwestern in der Provinz mit kleinen Aufmerksam- keiten aus der Grossstadt. Einmal waren es modische Hüte für Olga, Emma und Hermine, ein andermal ein Päckchen Veilchenpulver. «.. . Ich schicke Euch ein Päckchen Veilchenpulver, das gehört weder zum Räuchern noch zum Schminken, sondern es wird in kleinen Päckchen unter die Wäsche gelegt. Habt Ihr Euch gewiss wohl fleissig geschminkt?» witzelte er in einem späteren Brief. (19. 1. 1888)." Es scheint, dass der junge Rheinberger im Verlaufe dieses ersten Jahres sich an der Kunstgewerbeschule und in der Grossstadt allmählich einlebte. Dies belegt ein Brief, den Fanny Rheinberger am 8. 10. 1888 an ihren Schwager Peter in Vaduz richtete. Sie schrieb darin, dass Egons schüchternes Wesen jetzt eine Wendung zu einem selbstsichereren Auftreten genommen habe. Auch Herr Wadere habe dies festgestellt. Indem Heinrich Wadere die Studienentwicklung des jungen Rheinberger stets verfolgte, konnte er sich auch eine Meinung bilden über dessen Fähigkeiten, und er war zweifellos der einzige im engeren Kreis des Studenten, der in der Lage war, diesen in eine Fachrichtung zu weisen. Die um das Schicksal ihres Neffen besorgte Tante verliess sich ausschliesslich auf seinen Rat. Egons Neigung zur Bildhauerei machte sich mehr und mehr bemerkbar, sodass eine Ausbildung in der Bildhauerei auf der Akademie der Bildenden Künste nichts mehr im Wege stand. Im Oktober 1888 wurde Egon Rheinberger in den Dürer-Verein aufgenommen, den er fortab häufig besuchte. Man darf daraus entnehmen, dass es dem Kunststudenten nun gelungen war, in einen Kreis kunstschaffender Kollegen Eingang gefunden zu haben. Diese Annahme bestätigt ein Brief an seine Schwester Olga vom September 1889, in welchem er sie bat, sie möge ihm für seine Kameraden 300 Stück Virginier schicken. Bevor wir jedoch das weitere Schicksal des jungen Liechtenstei- ners in München verfolgen, sei ein kurzer Blick auf die damalige kulturelle Szene im München geworfen. Das letzte Drittel des 19. Jhdts. kann man als den Ausklang der «Goldenen Jahre» dieser Stadt 10 AF Rh 11 AF Rh 113
	        

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