Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1983) (83)

gemein churrätischer Rechtsbrauch muss aus einer Zeit stammen, da Churrätien noch ein einheitliches, in sich abgeschlossenes Rechtsge- biet war. Andererseits war das Vogelmahl im ursprünglichen Sinn, als Pflicht zum Füttern des Habichts, ein typischer Brauch der Feudalzeit. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir die Entstehung des Vogelmahles als dingliche Abgabe in die fränkische Zeit Churrätiens verlegen. Die fränkischen Herrscher Churrätiens beliessen dem Land seine rechtli- che Eigenständigkeit; so erhielt sich in diesen Gegenden auch das Vogelmahl als eine Besonderheit des Rechtslebens bis in spätere Jahrhunderte.» III. DIE HERKUNFT DER BEZEICHNUNG VOGELMAHL, VOGELRECHT, VOGELMOLKEN u.s.w Wenn es um die Erklärung und den Begriffsinhalt eines alten, kaum mehr verstandenen Wortes geht, greifen auch wir Liechtenstei- ner mit Vorteil zum vielbändigen schweizerischen Idiotikon, das schon vor mehr als hundert Jahren begonnen wurde und nun allmählich der Vollendung entgegengeht. Es ist das eine Buchreihe, die ungeheuer viel altes Wissen birgt und sich als sehr zuverlässig erweist. Schon im Band IV wird auf Seite 156,163 und 209 über das Vogelmahl berichtet. Danach geht diese Grundlast auf einen mittelalterlichen Rechtsbrauch zurück: Die hohe Jagd (Gebirgsjagd) war ganz allge- mein dem Landesherrn vorbehalten. Wenn der Herr zur Jagd ins Gebiet kam, so hatten die Bauern nicht nur ihn und sein Gefolge mit Speis und Trank zu versehen, nein sie hatten auch die Hunde und die damals so viel verwendeten Jagdfalken zu füttern. Der Hund bekam einen Laib Brot und der Falke ein Huhn. Anschaulich schildern dies die «Rechte des Klosters Engelberg in den Höfen im Aargau und Zürichgau» aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. (Siehe Rechtsquellen des Kantons Aargau, Rechte der Landschaft, Band 1, Seite 157): Wenn der Abt von Engelberg mit seinem Gefolge in den Höfen erscheint, mit einem Vogelhunde und Habicht (habche), dann soll die Meierin des Hofes in einer Hand tragen ein Brot und in der anderen ein Huhn; das Huhn gehört dem Habicht und das Brot dem Hund. Von diesem «Mahl» für den Falken leitet sich das «Vogelmahl» ab. Aus der Sitte, Hunde und Falken zu füttern, wurde mit der Zeit ein 55
	        

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